Die Frage, wie und wann Kinder schwimmen lernen sollen, ist wichtig, um als Eltern den besten und schnellsten Weg zu wählen, das eigene Kind an das Element Wasser zu gewöhnen.
In Deutschland ertrinken jährlich zwischen 400 und 500 Menschen. Nur wenn Kinder sicher schwimmen lernen sind sie in der Sommerzeit mit allen nötigen, lebenswichtigen Fähigkeiten für das kühle Nass ausgestattet, sodass sie am Meer, in Seen oder dem Hallenbad nicht in Gefahrensituationen geraten.
Aktuelle Lage bei Grundschulkindern
Die neueste Forsa-Umfrage im Auftrag der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) von 2022 zeigt alarmierende Entwicklungen bezüglich der Schwimmfähigkeit von Kindern in Deutschland. Die Zahlen sprechen für einen starken Abfall der Zahl schwimmfähiger Grundschulkinder. Knapp über 40 % der der Grundschulkinder sind keine sicheren Schwimmer, dabei kann jeder fünfte gar nicht schwimmen.
Welche weiteren Schlussfolgerungen sind aus der Forsa-Umfrage des DLRG zu ziehen?
Anteil der Nichtschwimmer gestiegen
Der Anteil der Nichtschwimmer unter Grundschulkindern hat sich seit 2017 verdoppelt. Rund 20 Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren können nicht schwimmen, 2017 waren es noch 10 Prozent.
Unsichere Schwimmer
Zusätzlich zu den 20 Prozent Nichtschwimmern sind weitere 23 Prozent unsichere Schwimmer – laut Angaben der Eltern. Nur 57 Prozent der Kinder in dieser Altersgruppe gelten als sichere Schwimmer.
Soziale Unterschiede
Kinder aus Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 2.500 Euro sind besonders betroffen. 49 Prozent der Grundschulkinder aus finanziell schwachen Haushalten können nicht schwimmen. Im Vergleich dazu liegt der Anteil bei Kindern aus Haushalten mit einem Einkommen über 4.000 Euro nur bei zwölf Prozent.
Auswirkungen der Pandemie
Die Corona-Pandemie hat die Schwimmausbildung erheblich beeinträchtigt, was zu einem Rückgang der Kinder führte, die ein Schwimmabzeichen wie etwa das Seepferdchen besitzen. Der Anteil der Kinder mit einem Seepferdchen-Abzeichen sank von 69 Prozent im Jahr 2017 auf 54 Prozent im Jahr 2022.
Regionaler Unterschied und Maßnahmen
In Hamburg und Berlin sowie weiteren Großstädten gibt es neuerdings eine „Schwimmlern-Offensive„, um die Anzahl der sicheren Schwimmer zu erhöhen. Dabei wurden ab 2021 viele zustätzliche Seepferdchen- und Bronzekurse angeboten. Dies soll den grevierenden Zahlen entgegenwirken. Schwimmkurse sind jedoch, nach den pandemiebedingten langen Schließungszeiten, extrem überfüllt und viele Nichtschwimmer bekommen folglich noch immer keine Gelegenheit, Schwimmen zu lernen.
10 % Schwimmhallenschließungen seit 2000
Für die gesunkene Zahl an sicheren Schwimmern unter den Grundschulkindern wird laut einem Großteil aktueller Medienmeldungen sowie der DLRG-Umfrage die Pandemie Verantwortlich zu sein. Doch das Problem ist bereits älter. Seit dem Jahr 2000 schloss jede zehnte Schwimmhalle in Deutschland. Auf diese Weise verschwanden 10 % der Schwimmbäder als Ort des Schwimmtrainings allein zwischen 2000 und 2017.
Ein infrastrukturelles Problem bezüglich der Dichte der Schwimmbäder scheint es demnach bereits vor der Pandemie gegeben zu haben. Wie häufig der Fall, so gibt es auch hier ein Hin und Her bei den Verantwortlichkeiten, was erfahrungsgemäß das Problem nur verschäft. Die Bundesregierung sieht den Erhalt und Ausbau der Bäder als Aufgabe der Länder, Städte und Gemeinden. So oder so: Der Schwund zeigt sich in Zahlen wie folgt: auf über 120 geschlossenen Schwimmhallen kommen knapp über 50 Renovierungen oder Neubauten.
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Möglichkeiten für Kinder, schwimmen zu lernen
Staatliche Bäder und DLRG
Der DLRG, die Schwimmvereine sowie -verbände bieten regelmäßig Schwimmkurse für Kinder an, meist ab 5 Jahren. Dies liegt an der Fähigkeit der Kinder in diesem Alter, erstmals gezielte Schwimmbewegungen zu vollführen. Es gibt aber auch Kleinkinder-Kurse und Kurse zu Wassereingewöhnung. All diese Kurse sind subventioniert und folglich erschwinglich – auch für Familien mit geringem Einkommen. In den Sommerferien werden sie als Blockkurse angeboten, sodass Kinder täglich teilnehmen können und innerhalb weniger Wochen ein Abzeichen erreichen können. Zu festen Zeiten im Jahr gibt es zumeist auch einige kostenlose Kurse – die jedoch häufig überbucht sind.
Insgesamt sind diese Schwimmangebote niedrigschwellig und deutschlandweit – trotz des Schwimmbadschwundes – nahezu flächendeckend.
Schulisches Schwimmunterricht
Die Zahlen sind eindeutig. Über 50 Prozent der heutigen 50-jährigen haben Schwimmen noch in der Schule gelernt. Heute sind es gerade einmal 25 % der Kinder und Jugendlichen, die im Schulsport Schwimmen lernen. Der Schulsport bietet also aktuell eine eher seltene Gelegenheit für Kinder, schwimmen zu lernen. Durch zunehmende Schließung des Schwimmbäder haben immer mehr Kinder und Schulen im ländlichen Raum schlicht keinen Zugang mehr zu einer Schwimmhalle in Wohnnähe.
Sonstige Schwimmkurse
Gerade in Großstädten und Ballungsräumen gibt es neben den staatlich koordinierten und subventionierten Schwimmkursen auch Privatanbieter. Ihr Angebot ist oftmals vielfältiger und kommt daher den sehr individuellen Bedürfnissen von Familien mit Kindern entgegen. Schwimmanfänger können meist aus mehreren Standorten wählen und es ist oftmals möglich, Kurse nachträglich zu tauschen oder nicht besuchte Schwimmstunden nachzuholen. Auch für wasserängstliche Schwimmanfänger sind diese Kurse meist die bessere Wahl. Ebenfalls punkten die Standorte: Die Bäder sind in der Regel kleiner und besser temperiert und werden nicht von Tagesbesuchern frequentiert, da häufig Therapiebäder oder eigene kleine Badeanstalten als Standort genutzt werden. Es gibt aber auch eine Kehrseite bezüglich der Kosten und der Dauer. Ein Schwimmkurs kostet meist ein Vielfaches und das Schwimmenlernen zieht sich über Monate hin.
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Ab wann Schwimmen lernen?
Wassereingewöhnung und Kleinkinderkurse
Man kann Babys ab 4 Monaten schon ans Wasser gewöhnen. Die Wassereingewöhnung hat das Ziel, Babys und Kleinkinder spielerisch mit dem Element Wasser vertraut zu machen. In dieser Phase lernen die Kinder, das Wasser als freundliche Umgebung zu erleben, wodurch Ängste abgebaut werden. Durch den engen Körperkontakt zu den Eltern wird zudem die Eltern-Kind-Bindung gestärkt.
In dieser Phase steht der Spaß im Vordergrund. Die Kinder lernen, sich im Wasser zu bewegen, unterzutauchen und erste Erfahrungen mit dem Schweben und Gleiten zu machen. Dabei werden grundlegende motorische Fähigkeiten und die Atemkontrolle gefördert.
Seepferdchen
Das Seepferdchen-Abzeichen ist der erste formelle Schwimmkurs, bei dem Kinder lernen, sich sicher im Wasser zu bewegen.
Für das Seepferdchen müssen die Kinder mindestens 25 Meter ohne Unterbrechung schwimmen können, ins Wasser springen, einen Gegenstand aus schultertiefem Wasser herausholen und grundlegende Kenntnisse über Baderegeln nachweisen. Diese Anforderungen fördern die Sicherheit im Wasser und die Grundtechniken des Schwimmens.
Kinder, die das Seepferdchen erreicht haben sind dennoch keine sicheren Schwimmer, sodass sie sich trotzdem nicht alleine und unbeobachtet im Wasser aufhalten sollten.
Bronze
Das Bronze-Abzeichen, auch „Freischwimmer“ genannt, ist ein fortgeschrittener Schwimmkurs, der die Kinder darauf vorbereitet, sicher schwimmen zu lernen. Als sicheren Schwimmer bezeichnet der DLRG einen Schwimmer, der das Bronze-Abzeichen hat oder die motorischen und schwimmtechnischen Anforderungen erfüllt. Für das Bronze-Abzeichen schafft ein Bronze-Schwimmer 200 Meter in 15 Minuten. Ferner gehört zum Bronze-Abzeichen ein Sprung aus einem Meter Höhe zu absolvieren, das Tieftauchen über zwei Meter, um einen Gegenstand zu holen, und weitere Schwimmtechniken wie ausdauerndes Rückenschwimmen.
Jugendliche und Erwachsene
Es bedarf sicherlich einer größeren Überwindung, als junger Heranwachsener oder Erwachsener schwimmen zu lernen. Andererseits ist es dafür nie zu spät. Dennoch hängt es viel von der Kondition, der allgemeinen Körperbeweglichkeit sowie der persönlichen Einstellung zum Wasser und eventullen Vorerfahrungen ab, ob Erwachsene sich schnell einfinden oder es doch eine längere Zeit dauert, bis sicheres Schwimmen möglich wird.
Für Eltern ist es jedenfalls wichtig, selbst schwimmen zu können, um die Kinder anfangs ins Wasser zu begleiten und bei den ersten Schwimmabenteuern dabei zu sein.
Wie Schwimmfähigkeit trainieren?
Ist mein Kind bereit, schwimmen zu lernen? Bereits vor dem ersten Schwimmkurs gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die Schwimmfähigkeiten der Kinder spielerisch zu fördern.
Gleichgewicht im Wasser halten
Wie testet man im Wasser, ob das Kind das Gleichgewicht halten kann? Nur mit den Händen die Treppen aus dem Kinderpool hochkrabbeln oder auf einer Schwimmnudel im Wasser sitzen – dies deutet auf ein geübtes Gleichgewicht.
Wasserscheu ablegen
Eine große Überwindung für Schwimmanfänger ist es, in liegender Position im Kinderbecken den Kopf aufs Wasser zu legen, beispielsweise während seine Füße an einer Treppenstufe im Wasser liegen.
Ein wesentlicher Bestandteil des Schwimmens ist es auch, den Kopf vollständig unter Wasser zu tauchen und die Augen ohne Schwimmbrille zu öffnen. Wenn ein Kind hierbei noch unsicher ist, ist es ratsam, dies vor einem Schwimmkurs zu üben.
Der Seestern
Das Kind breitet Arme und Beine seitlich aus und lässt sich wie ein Stern aufs Wasser gleiten. Die Eltern unterstützen hierbei, indem sie sanft eine Hand unter dem unteren Rücken halten.
Das Gleiten
Das Gleiten ist im Schwimmtraining wichtig. Bei den Übungen stößt sich das Kind vom Beckenrand ab und streckt sich dabei lang und gerade aus, wobei es ins Wasser ausatmet. Dies kann mit Hilfe eines Schwimmbrettchens erfolgen.
Können Kinder alleine schwimmen lernen?
Jein!
Können Kinder schwimmen lernen, und das ohne Schwimmkurs und Schwimmlehrer? Theoretisch ja. In früheren Zeiten sowie auch heutzutage noch im ländlichen Raum sowie vielerorts im außereuropäischen Ausland lernen Kinder in der Regel alleine schwimmen. Meist werden diese von älteren, bereits schwimmkundigen Kindern oder Erwachsenen begleitet und dürfen sich in diesem sicheren Umfeld ausprobieren.
Worauf achten?
Kann ein Kind 5 Meter ohne Hilfsmittel schwimmen, so sind die restlichen Kompetenzen Übungssache. Es bedarf jedoch eines sehr hohen Verantwortungsbewusstseins der begleitenden Personen, um den Schwimmanfänger nicht zu gefährden und ihm eine realistische Selbsteinschätzung seiner Fähigkeiten zu vermitteln, sodass keine Ängste vor dem Wasser entstehen. Wichtige Komponenten sind:
- niedrige Wassertiefe
- Gleiten lernen, erleben, dass Wasser trägt
- tauchen lernen, um die Atemkontrolle zu üben
- in ruhigem Wasser üben, ohne Plantschen oder Wellen
- Zeit stoppen für eine gute Selbsteinschätzung
- Rettungsstellungen üben wie etwa das Treiben in Rückenlage.
Grundsätzlich können Kinder mit den gleichen Tipps ihre Kinder zur Schwimmfähigkeit begleiten, wie sie oben für die Schwimmkursvorbereitung aufgeführt sind.
Hauptsache nicht untergehen?
Es gibt mehrere Schwimmtechniken, die nicht den Standards entsprechen, wie beispielsweise die Paddeltechnik, die man auch bei Hunden beobachten kann. Sicherlich geht es beim Schwimmen lernen in allererster Linie darum, sich in Gefahrensituationen an der Wasseroberfläche halten zu können. Dennoch gibt es nicht umsonst standardisierte Techniken, mit deren Hilfe Menschen sich besonders kraftsparend, effektiv und schnell im und unter Wasser fortbewegen können.
Ferner sind Schwimmhilfen wie Schwimmringe für Kinder über 5 Jahren häufig kontraproduktiv. Sie vermitteln noch nicht schwimmfähiger Kinder ein falsches Sicherheitsempfinden, sodass sie sich übernehmen und in zu tiefes oder turbulentes Wasser geraten können.
Schwimmen als Sport und fürs Selbstbewusstsein
Diese korrekt zu erlernen ist leichter in einem Schwimmkurs. Dies hat mehrere Vorteile: Lernt man diese von Anfang an richtig, so steigt die Wahrscheinlichkeit, sich im Schwimmen nicht nur im Notfall oder gelegentlich im Badesee, sondern auch sportlich erfolgreich zu betätigen, die Tauchkompetenzen zu erhöhen und das Selbstvertrauen mithilfe eines Abzeichens aufzubauen.
Damit auch wasserscheue Kinder schwimmen lernen bedarf es wiederum eines Kurses: Denn diese sport- oder wasserscheuen Kinder findet man nicht freiwillig am Wasser. Sie nutzen – anders als die sportlichen Gleichaltrigen – nicht jede Gelegenheit ins kühlen Nass zu gelangen, sammeln keine Erfahrung mit dem Element Wasser und es besteht die Gefahr, dass sie niemals schwimmen lernen.
Warum ist schwimmen lernen wichtig?
Schwimmen lernen ist sehr wichtig – vor allem für die Sicherheit im und am Wasser. Ohne Schwimmfertigkeiten kann jede Bootsfahrt, jede Angelstunde am Gewässer, jeder Steg zu einer Gefahr werden. Ferner dient Schwimmen der grobmotorischen Entwicklung, der Fitness und des körperlichen Wohlbefindens. Schwimmen ist einer der gelenkfreundlichsten Bewegungsarten und übt alle Muskelgruppen schonend. Dazu macht der Aufenthalt im Wasser große Freude, entspannt und wirkt damit übermäßiger Anspannung entgegen.
Bildquellen
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Quellen
- https://www.dlrg.de/informieren/die-dlrg/presse/schwimmfaehigkeit/
- https://www.dlrg.de/informieren/die-dlrg/presse/statistik-ertrinken/2023/presseinfo/
- https://www.spiegel.de/familie/dlrg-umfrage-warum-jedes-fuenfte-grundschulkind-nicht-schwimmen-kann-a-bbdada05-1780-4428-87ff-f456d277f713
- https://www.sueddeutsche.de/panorama/nichtschwimmer-kinder-deutschland-schwimmunterricht-studie-dlrg-1.5737853
- https://www.zeit.de/gesellschaft/2018-07/schwimmbaeder-geschlossen-bund-schwimmer
- https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/DLRG-Kinder-von-Geringverdienern-haeufiger-Nichtschwimmer,nichtschwimmer124.html
- https://schleswig-holstein.dlrg.de/news/zahl-der-nichtschwimmer-im-grundschulalter-101256-n/
- https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Schwimmen-lernen-fuer-Kinder-Wie-Hamburg-mit-Corona-Folgen-kaempft,schwimmlehrer106.html
- https://www.dlrg.de/informieren/ausbildung/schwimmen-lernen/
- https://magazin.dak.de/kinderschwimmen-badesicherheit/
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