Warum Vojta Übungen für Zuhause bei Bewegungsstörungen derart wirkungsvoll und wichtig sein können, wie sie eingeübt werden sollten und was dabei zu beachten ist: Diese wichtigen Details sind nachfolgend zusammengefasst.
Vojta-Therapie
Anwendungsbereich
Die Vojta Übungen sind physiotherapeutische Basisübungen. Sie behandeln gestörte Bewegungsmuster beim Greifen und Hantieren, Umdrehen und Aufstehen, Gehen und Laufen. Folglich dienen sie der Therapie jeglicher Bewegungs- und Haltungsstörungen des zentralen Nervensystems sowohl bei Säuglingen und Kleinkindern als auch bei Erwachsenen, haben dementsprechend eine maximal breite Anwendungspalette.
Da eine gute Erfolgsquote der Vojta Übungen mit frühem Therapiebeginn assoziiert wird, wenn das neurologische System noch gut formbar ist, finden die meisten Behandlungen bei Säuglingen innerhab des ersten Lebensjahres statt. Dennoch zeigen sie bei Menschen jeder Altersgruppe eine Besserung der Symptome. Bei Jugendlichen und Erwachsenen wird die Vojta-Therapie bei erworbenen Schädigungen der peripheren und zentralnervösen Steuerung der Bewegung eingesetzt.
Die Vojta Übungen können beispielsweise angewandt werden bei:
- Multiple Sklerose
- allen Formen der Dystonie, also von Bewegungsstörungen
- Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung)
- Querschnittlähmung
- Schädel-Hirn-Traume
- Schlaganfall sowie
- Bandscheibenvorfälle.
Geschichte der Vojta Übungen
Die Vojta Übungen wurden vom tschechischen Neurologen Václav Vojta in den 1960er Jahren entwickelt. Als Kinderneurologe entwickelte er die Vojta-Therapie über Jahrzehnte mit. Vojta starb im Jahr 2000. Seine Therapieform wird von Physiotherapeuten nach wie vor in Fortbildungen gelernt und angewandt.
Unter dem Oberbegriff Reflexlokomotion schaffte er es, durch von außen gesetzte Reize angeborene Bewegungsmuster wiederherzustellen. Reflexlokomotion ist die reflektorische Muskelaktivität, die bei gesunden Menschen automatisch, ohne unseren Willen, funktioniert. Vojta ging von der Annahme aus, dass alle motorischen Bewegungen, die sich über die ersten Lebensjahre entwickeln (wie Greifen, Umdrehen, Krabbeln, Aufstehen und Gehen) bereits beim Säugling angelegt sind, obwohl dieser diese Fähigkeiten noch gar nicht ausgebildet hat.
Darauf beruhend sorgen die Vojta Übungen dafür, dass die gestörten oder behinderten, aber im neurologischen System bereits angelegten Bewegungsabläufe wieder in den Fluss kommen.
Ziele
Die Vojta Übungen zielen auf die Festigung von drei grundlegenden neurologischen und motorischen Grundfertigkeiten des Bewegungsapparates:
- das Gleichgewicht des Körpers, der sogenannten posturalen Steuerung
- die Aufrichtung des Körpers entgegen der Schwerkraft sowie
- die Greifbewegungen der Arme und Schrittbewegungen der Gliedmaßen.
Eine frühe therapeutische Intervention kommt der Neuroplastizität des Gehirns entgegen und verhindert die Entwicklung von motorischen Ersatzmustern – diese erschweren allgemein die Therapie.
Voraussetzung
Die Vojta Übungen setzen neuronale Verbindungen zwischen den Muskeln und den Nervenbahnen voraus. Bestehen diese Verbindungen durch Unfall oder Krankheit nicht (mehr), so kann die Vojta-Theapie nicht angesetzt werden.
Anwendung der Therapie
Bei Babys, Kindern, Jugentlichen und Erwachsenen stimuliert der Therapeut mehrere Zonen für die Auslösung der Reflexlokomotion. Dabei unterscheiden sich die Anzahl der Reizzonen: Bei Säuglingen wird meist nur ein Punkt aktiviert, bei Kindern und Erwachsenen gelten meist die gleichen Reizpunkte. Das Aktivieren geschieht durch einen gezielten Druck an diesen bestimmten Stellen bei gleichzeitiger Bewegung der Gelänke und Verlagerung des Körpers. Dabei reagiert der Körper des Patienten ohne seine aktive willentliche Mitarbeit. Der Behandelte liegt in der Bauch-, Rücken- oder Seitenlage und während der Therapeut die Punkte aktiviert, kommt es zu zwei unterschiedlichen Drehungen und Bewegungen:
- dem Reflexkriechen in Bauchlage, wobei der Patient unwillkürlich Kriechbewegungen macht, und
- dem Reflexumdrehen aus Rücken- und Seitenlage, wobei der Behandelte in den Vierfüßlerstand kommt.
Die Bewegungsabläufe und Druckpunkte sind in einem Standardmaual wissenschaftlich untermauert und exakt erklärt. Sie lassen sich in Variationen an die Bewegungsstörung des Betroffenen anpassen. Die Vorjta Übungen gehören zu einem eigenständigen komplexen Therapiekonzept.
Folglich wird die Vojta-Therapie immer individuell angewandt und muss von erfahrenen Therapeuten durchgeführt werden. Auch lassen sich die Druckpunkte nicht selbst aktivieren, da die Betroffenen sich auf die körperliche Antwort und Wirkung der Aktivierung konzentrieren müssen. Mithilfe von Familienmitgliedern, die der behandelnde Physiotherapeut einweist, jedoch lassen sich die Übungen im eigenen Zuhause reproduzieren.
Vojta Übungen für Zuhause
Vojta Übungen für Zuhause sind bei dieser Therapieform nicht nur angeraten, sondern dringend notwendig. Dies begründet sich auf die Erfahrung, dass die Häufigkeit der täglichen Übungsabfolgen die Erfolgsquote erhöht und die Intensität der Übungen lediglich durch Wiederholung gesteigert werden kann. Somit sollten die Übungen bei Säuglingen und Kindern mehrmals am Tag durchgeführt werden, bei Erwachsenen mindestens mehrmals die Woche.
Neurodiversität Symptome
Vorteile und Stärken von Betroffenen
Vorbereitung der Vojta Übungen für Zuhause
Vojta Übungen für Zuhause binden also in der Regel mehrmals am Tag die Zeit und Kapazität der Eltern und der Kinder bzw. der Bezugsperson und des Patienten. Die Therapie ist gerade für Säuglinge und Kinder sehr anstrengend.
Des Weiteren besteht die Notwendigkeit, dass die Kinder während der Therapie nur leicht bekleidet sind, damit die Eltern oder Bezugspersonen die aktivierenden Punkte finden und gut drücken können. Somit ist eine wohlig warme Umgebung, eine erwärmte Unterlage, eine Wärmelampe und warme Hände unerlässlich.
Vorbereitung der äußeren Rahmenbedingungen
Wichtig sind demnach folgende Vorbereitungsschritte:
- Die vorangegangene genaue Anleitung durch den Vojta-Therapeuten haben die Eltern bzw. Bezugspersonen aufmerksam verfolgt.
- Sie sind bereit, eine aktive und regelmäßige Mitarbeit in den Tagesablauf und ihrer inneren Verfassung einzuplanen, sie lassen sich darauf ein.
- Eine gerade, warme, körpergroße Unterlage und angenehm warme Umgebung muss im Voraus vorbereitet werden.
- Eltern bzw. Bezugspersonen müssen mehrere, in der Regel vier, feste, regelmäßig auf den Tag verteilte Zeitfenster von 10 bis 25 Minuten pro Sitzung für die Therapie stressfrei und ohne anderen Termindruck einplanen.
- Des Weiteren sollten sie einen engen Kontakt zum Therapeuten pflegen und offen Fragen ansprechen.
Vorbereitung des Kindes bzw. des Patienten
Gerade in Zusammenarbeit von Eltern und ihren Kindern kann es häufig zu Verunsicherungen und Irritationen kommen. Warum schreit mein Kind, hat es Schmerzen, mache ich vielleicht etwas falsch? Wie sollte ich das Kind auf die Behandlung vorbereiten? Wie kann es mitmachen, falls das Alter es erlaubt?
Es hilft, vorweg zu wissen, dass Säuglinge häufig am Anfang der Behandlung, und manchmal auch währenddessen weinen. Vergleicht man das Verhalten mit denen von Kleinkindern, die in der Regel nicht weinen, kann man annehmen, dass die Säuglinge nicht aufgrund von Schmerzen weinen, sondern als Ausdruck der Anstrengung, Aufgrund von Unlust oder der ungewohnten Lage während der Behandlung.
Ältere Kinder können über manchen Komponenten der Behandlung mitbestimmen, beispielsweise mit welcher Körperlage die Eltern anfangen sollen. Dazu sollte man immer signalisieren, dass sie über Mißempfindungen, Kälte oder andere Gefühle reden dürfen.
Dazu fürchtet manches Elternteil, dass die Eltern-Kind-Bindung leiden könnte durch die regelmäßigen, häufigen Übungen. Beobachtungen von Therapeuten sprechen jedoch meist vom gegenteiligen Effekt: Eltern und Kinder können die Übungen auch als gemeinsame Zeit, als Team erleben. Sie sind sich nahe, nehmen sich Zeit füreinander und kommunizieren miteinander. Dies stärkt zumeist das Verhältnis.
Gesammelte Tipps
Was können Eltern insgesamt tun, um den Kindern die Vojta-Therapie angenehmer zu gestalten?
- Gute Information und Übung durch die Vojta-Therapeuten einholen, immer rückfragen bei Unsicherheit.
- Vorbereitung des Säuglings oder Kindes auf die Behandlung, durch vorige Ruhe- oder Schlafenszeiten.
- Nachbereitung des Kindes im Anschluss an die Behandlung durch Ruhe- oder Schlafenszeiten.
- Entschleunigen und Druck rausnehmen.
- Freundliche und zugewandte Stimmung.
- Feste Behandlungszeiten, damit Verbindlichkeit und Routine entsteht.
- Warme Hände und Räumlichkeit, damit die Berührungen nicht als unangenehm empfunden werden.
- Den Kindern Zeit geben, sich einzufühlen.
- Mitbestimmungsrecht an festen Stellen der Therapiesitzung einräumen, wo die Kinder entscheiden dürfen.
- Ein Team sein, es gemeinsam schaffen.
Auch wenn laut Vojta Fehlhaltungen oder -bewegungen nicht zu Schäden führen: eine sorgsame Befolgung des Therapieplans und der genauen Bewegungen, eine angepasste ruhige Umgebung, hektikfreie Zeit vor und nach der Behandlung und feste Therapiezeiten sowie regelmäßige Rücksprachen mit dem Therapeuten sichern einen schnellen Therapieerfolg mit Vojta.
Bildquellen
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Quellen
- Orth, Heidi: Das Kind in der Vojta-Therapie, Urban und Fischer, 2005.
- Vaclaw, V.; Peters, A.: Das Vojta-Prinzip. Muskelspiele in Reflexfortbewegung und motorischer Ontogenese. Springer-Verlag, 2018
- https://de.wikipedia.org/wiki/Vojta-Therapie
- https://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%A1clav_Vojta
- https://www.vojta.com/de/11-vojta-prinzip
- https://www.vojta.com/de/vojta-prinzip/vojta-therapie
- https://www.vojta.com/de/vojta-prinzip/vojta-therapie/grundlagen
- https://arthrogryposis.de/downloads/Haeufige_Fragen_zur_Vojta-Therapie.pdf
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