Helikoptereltern sind im Grunde das Gegenteil von Rabeneltern. Sie kümmern sich intensiv um ihren Nachwuchs (was auf echte Raben übrigens auch zutrifft). Sie wollen wirklich das Beste für das eigene Kind. Dementsprechend stecken sie extrem viel Zeit, Energie und oft auch Geld in die Erziehung. Sie sind also redlich bemüht, alles möglichst gut zu machen. Eigentlich doch sehr lobenswert! Aber genau da setzt die Kritik an, die da lautet, es handle sich bei so viel Engagement um eine Überfürsorglichkeit, die dem Kind eher schadet als hilft. Denn ein Kind muss lernen, auf sich selbst gestellt durchs Leben zu kommen und auch Rückschläge zu verkraften. Allerdings ist ein Menschenleben sehr vielschichtig, und wir stehen unter vielen und unterschiedlich wirksamen Einflüssen! Kann man da mit so großer Bestimmtheit sagen, was wirklich gut oder schlecht für ein Kind ist, beziehungsweise sich später einmal als gut oder schlecht herausstellen wird?
So manche spontane Einschätzung – sowohl in die eine als auch in die andere Richtung – könnte sich als übereilt und nicht ganz richtig erweisen. Wenn wir zu konstruktiven Ergebnissen gelangen wollen, sollten wir uns jedenfalls um Differenzierung bemühen, statt Pauschalurteile zu fällen. Und doch, bei aller gebotenen Fairness: Die Bedenken gegen die Erziehungsmethoden von Helikoptereltern existieren ja, gründen sich auf Erfahrungen und Beobachtungen von Psychologie-, Psychiatrie- und Pädagogikexpert*innen , sind folglich also nicht aus der Luft gegriffen. Irgendetwas geht da wohl doch – allem guten Willen zum Trotz – schief.
Warum ein Text über Helikoptereltern?
Wer auf seiner Suche hier gelandet ist, hat entweder mit Helikoptereltern zu tun oder meint, selbst dazuzugehören, hegt vielleicht auch nur einen Anfangsverdacht. Deswegen sollen hier die entsprechenden Fragen behandelt werden: Woran erkenne ich, ob ich selbst eine Helikoptermama oder ein Helikopterpapa bin? Wäre das denn überhaupt so schlimm? Was steckt denn ursächlich dahinter? Was kann man dagegen tun?
Wie bereits erwähnt steht dieser Begriff für Eltern, die es ganz besonders gut machen wollen. Wenn man es umdreht, bedeutet dies, dass sie sich sorgen, bei der Erziehung ihrer Kinder Fehler zu begehen. Das ist nun wahrlich nicht verdammenswert. Deshalb ist dieser Text ein Versuch, das Thema so aufzurollen, dass sich Betroffene nicht an den Pranger gestellt fühlen. Unser Ziel besteht darin, Informationen und Denkanstöße zu liefern, die hoffentlich eine Hilfe sein können.
Was bedeutet der Begriff Helikoptereltern?
Die Bezeichnung entstand in den USA (helicopter parenting) und beschreibt ein Phänomen, das typischerweise in wohlsituierten Mittelklassefamilien der 1990er Jahre zu beobachten war. Das Wort stammt also aus einem anderen Land zu einer anderen Zeit. Die USA befanden sich in einer langwährenden Phase wirtschaftlichen Aufschwungs. Überdurchschnittlich viele Menschen verdienten gut und konnten sich ein ansehnliches Eigenheim in der Vorstadt leisten. Damit wuchs auch die Identifikation mit dem Image einer heilen Welt, die man mit dem selbst erarbeiteten Wohlstand verband. So lautet zumindest eine oft weitergegebene Interpretation hinsichtlich der Frage, wie es zum Phänomen der Helikoptereltern kommen konnte: Zu dieser perfekten Welt gehörte auch die perfekte Familie. Um diesem hohen selbst gesetzten Standard zu entsprechen, umsorgten besagte Eltern ihre Kinder bis ins Extrem, beobachteten und kontrollierten sie, kreisten quasi permanent über ihnen – veranschaulicht durch das Bild des Helikopters. Es ging um die Erfüllung des eigenen Selbstbildes und in hohem Maße auch um die Repräsentation nach außen. Für jene Eltern war es obligatorisch, dass ihr Nachwuchs im Leben wirtschaftlich und sozial mindestens so erfolgreich sein musste wie sie. Ein Versagen der Kinder hätte letztlich den eigenen Lebensentwurf in Frage gestellt. Deswegen versuchten die Eltern mit Nachhilfe-, Fremdsprachen-, Instrumentalunterricht, Coachings und perfekt durchgeplanten Terminkalendern darauf hinzuwirken, ein solches Versagen auszuschließen. Zugleich stieg aber die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die eine Therapie benötigten, da sie offenbar mit dem Druck nicht zurechtkamen und auf vielfältige Weise darunter litten.
Was vor mehr als zwanzig Jahren in der amerikanischen Mittelschicht festgestellt wurde, ist zwangsläufig nicht exakt das, wofür der Begriff heute in Deutschland verwendet wird. Aber alles in allem hat sich das Phänomen gehalten, wurde auch in anderen Ländern festgestellt, und der Ausdruck wurde übernommen, weil er die grundsätzliche Situation kurz und knapp auf den Punkt bringt. Es entstanden verwandte Begriffe wie Curling-, Schneepflug- oder Rasenmähereltern. Gemeint sind damit Eltern, die versuchen, ihren Kleinen alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen und sie vor allem Leid zu bewahren, bizarrerweise sogar noch, wenn die „Kleinen“ bereits erwachsen sind.
Sind alle Helikoptereltern gleich schlimm?
Für alle diejenigen, die befürchten, selbst Helikoptereltern zu sein, sei tröstend gesagt: Sie sind Mitglieder eines riesigen Clubs! So viele Menschen: alles Erziehungsmonster, versnobt, ignorant und nur darauf bedacht, wie sie nach außen wirken? Unwahrscheinlich! Und so ist es zum Glück auch nicht. Das Wort Helikoptereltern wird inzwischen sehr oft und manchmal auch vorschnell verwendet, was unweigerlich eine gewisse Verwässerung nach sich zieht. Dass der Ausdruck in den alltäglichen Sprachgebrauch aufgenommen wurde, zeigt, dass das Phänomen weit verbreitet ist. Genau dieser Umstand spricht dafür, dass es sich größtenteils um verhältnismäßig milde Fälle handelt. Denn was extrem ist, kommt naturgemäß relativ selten vor. Umgekehrt entsteht aber auch die Gefahr, dass Eltern abwinken, wenn sie sich in der Begriffsdefinition nicht ganz klar wiedererkennen. Beschreibungen sind nun einmal bemüht, alle Merkmale aufzuführen und diese klar zu umreißen. Das dabei entstehende Bild kann übertrieben wirken. Wenn man sich da nicht wiedererkennt, heißt das nicht, dass man nicht dazugehört. Und nicht die extremste Version von Helikoptereltern darzustellen, ist kein Argument dafür, alles beim Alten zu belassen. Fehler einzugestehen und sich um Besserung zu bemühen, das sollte schon sein! Selbstzerfleischung hingegen ist unangebracht und könnte sich sogar kontraproduktiv auswirken.
Gehören WIR auch dazu? Die Merkmale von
Helikoptereltern
Während es ohnehin nicht leichtfällt, sich selbst einen Fehler einzugestehen, ist es bei der vorliegenden Thematik bereits schwer, den Fehler überhaupt zu identifizieren. Denn das Verhalten, das da als vermeintlich fehlerhaft bezeichnet wird, erscheint auch bei genauer Betrachtung oft völlig einleuchtend: Dabei zu sein, wenn das Kind etwas Wichtiges durchlebt, es dabei zu unterstützen und zu beschützen, das ist doch: ganz eindeutig gut! So scheint es jedenfalls. Viele Eltern empfinden, dass dies ihre elterliche Pflicht sei. Denn das Gegenteil – sich gar nicht dafür zu interessieren, was der Nachwuchs so treibt – wäre doch wohl pädagogisch ganz sicher nicht wünschenswert. Womöglich liegt hier bereits der entscheidende Denkfehler vor. Denn es ist keine Sache von entweder oder. Zwischen einer andauernden akribischen Unterstützung des Kindes und völliger Gleichgültigkeit, existiert enorm viel Raum für weitere Optionen, zum Beispiel: interessiert sein, besondere Erlebnisse teilen, aber alles in allem das Kind machen und seinen eigenen Weg finden lassen. Sowie: eigene Erfahrung einbringen, Rat und Hilfe anbieten, aber auch nicht zu inflationär damit umgehen. Immer dann, wenn dem Kind etwas abgenommen wird, was es alleine können sollte, liegt die Frage nahe, ob die Hilfe nicht zu weit geht. Wer die Problematik erkannt hat und deswegen bereit ist, diese Frage zuzulassen (die Antwort kann im Einzelfall ja verschieden ausfallen), hat den ersten wichtigen Schritt getan. Denn erst jetzt kann der nötige Bewusstseinsprozess in Gang kommen.
Fragen Sie sich selbst, und das möglichst ehrlich:
- Bringen Sie ihren Nachwuchs überall hin – zur Schule, zum Sport, zum Musikunterricht, zu Freunden?
- Und da wir bei Terminen sind: Laden Sie ihrem Kind so viel Beschäftigung auf, dass in der Woche kaum noch Platz ist – nämlich für spontane Ideen, fürs Spielen nach momentaner Stimmung und für Langeweile (!) und Gammelei?
- Wissen Sie immer, was in der Schule gerade durchgenommen wird, kontrollieren Sie ständig die Hausaufgaben und bessern nach, wenn Ihnen das Ergebnis nicht gut genug erscheint? Beschweren Sie sich bei der Lehrkraft, wenn Sie finden, dass Ihr Kind zu schlecht bewertet wurde (und kommt das des Öfteren vor)?
- Machen Sie sich in planerischer Weise Gedanken darüber, was für einen Beruf Ihr Kind später ergreifen soll? Oder legen Sie zumindest in Gedanken fest, dass mindestens ein Studium sein muss, bevor Tochter oder Sohn selbst entscheiden kann? Betrachten Sie es als zweitrangig, was Ihre Kinder selber dazu zu sagen haben?
- Stellen Sie hohe Ansprüche an die Leistungen Ihres Kindes und setzen dabei ohne klaren Beleg voraus, dass es dazu auch fähig ist?
- Beschäftigen Sie sich oft damit, wie Sie mögliches Unheil von ihrem Kind abwenden können?
- Erfüllen Sie ihrem Kind jeden Wunsch?
- Machen Sie sich sofort Sorgen, sobald sich das Kind nicht mehr in Ihrem direkten Einflussbereich befindet? Unterbrechen Sie manche Situationen aus Angst, es könne etwas passieren?
- Fühlen Sie sich manchmal selbst überfordert? Weil Sie meinen, Ihr Kind ständig gewissenhaft bei allem unterstützen und begleiten zu müssen?
Je mehr dieser Fragen Sie bejahen, desto mehr spricht dafür, dass auch Sie zur Gruppe der Helikoptereltern zählen. Ist Ihre Quote sehr hoch, dann gehören Sie vielleicht sogar zur Fraktion jener Eltern, die ihr Kind durch zu viel Liebe und Kontrolle zu erdrücken drohen.
Es muss doch Vorteile haben, wenn Helikoptereltern sich so intensiv kümmern!
Es existiert mindestens eine wissenschaftliche Publikation (s.u.), derzufolge die Kinder von Helikoptereltern beruflich überdurchschnittlich erfolgreich sind. Und das scheint ja auch einzuleuchten. Denn wenn Eltern von ihren Sprösslingen Erfolg erwarten, erlernen diese häufig diszipliniertes Arbeiten und entwickeln Ehrgeiz. Zweitens erreichen Kinder, deren Eltern Wert auf einen hohen Bildungsabschluss legen, einen solchen vergleichsweise häufig. Disziplin und Ehrgeiz gepaart mit einem hohen Bildungsabschluss sind gute Voraussetzungen für die Karriere. Wenn Erfolg im Leben über beruflichen Werdegang und Einkommen definiert wird, kann man die Helikoptererziehung folglich positiv bewerten.
Aber Helikoptereltern sollten dies besser nicht als Bestätigung betrachten. Denn was, wenn sich viel zu viele Eltern gar nicht kümmern (ob nun aus Zeit- und/oder Geldmangel, Desinteresse oder mangelnder intellektueller Fähigkeiten)? Dann heben sich alle, die ihren Kindern Hilfestellung für die Schule leisten, positiv ab, automatisch auch die Helikoptereltern. Sie sorgen dafür, dass ihre Kinder alle Aufgaben erledigen und sich gut auf Tests und Klausuren vorbereiten. Selbstverständlich verschafft das einen gewissen Vorteil gegenüber solchen Kindern, die Schulaufgaben nur schludrig oder überhaupt nicht erledigen und auch niemanden fragen können, wenn sie etwas nicht verstehen. Das scheint die zwangsläufige Konsequenz zu sein. Umso erstaunlicher, dass es eine andere Studie gibt, nach welcher Helikopterkinder gar nicht überdurchschnittlich gut in der Schule abschneiden. Also finden sich auch in der wissenschaftlichen Bewertung des Bildungserfolges Widersprüche. Hingegen bestehen einige gute Argumente dafür, dass andere Erziehungsmethoden ebenfalls zu schulischem und beruflichen Erfolg verhelfen, vielleicht gar zu größerem. So wird das Hauptargument für diesen Aspekt der Helikoptererziehung doch erheblich entkräftet. Und dann kommt noch der wahrscheinlich wichtigste Einwand hinzu: Womöglich sollte beruflicher Erfolg ja gar nicht das vorrangige Ziel im Leben sein!
Wie ist Helikoptererziehung für die Kinder?
Helikoptereltern handeln im Glauben, dass ihre Art der Erziehung dem Wohl der Kinder dient. Wie geht es aber diesen damit? Immer wieder hört man besonders von kleinen Kindern, dass sie etwas ohne Hilfestellung ausprobieren wollen: Lass mich, ich kann das alleine! Das ist nicht nur eine Laune. Kinder brauchen die Erfahrung, Ziele ganz alleine erreichen zu können. Der Stolz, den sie dann ganz für sich empfinden, ist genauso wichtig wie die Anerkennung durch die Eltern. So entwickeln sie ein gesundes Selbstbewusstsein, Selbstzutrauen und Selbstwirksamkeit. Umgekehrt erscheint es ihnen geradezu als Ausdruck elterlichen Misstrauens, wenn diese darauf bestehen, ihnen zu helfen. Außerdem entsteht hier ein Widerspruch, der die Kinder verwirrt: Die Ängstlichkeit in der einen Situation passt überhaupt nicht zu der Erwartungshaltung, die Helikoptereltern ihren Kindern in anderen Situationen entgegenbringen.
Unbeaufsichtigte Zeit empfinden Kinder als Geschenk: Sie ist anfänglich geradezu ein Abenteuer, später Ausdruck ihrer zunehmenden Eigenständigkeit. Wenn viele Kinder sagen, dass es ihnen besser gefällt, zu Fuß zu gehen oder mit dem Fahrrad zu fahren, als von Mama oder Papa chauffiert zu werden, spricht das für sich. Autofahren ist nämlich langweilig, wohingegen es ohne Auto auch einmal möglich ist, anzuhalten und etwas zu beobachten. Zumal die Kinder bei der optimalen Lösung nicht ganz alleine sondern mit Gleichaltrigen unterwegs wären, mit denen es mehr Spaß macht. Diese Option gewährleistet ein hohes Maß an Sicherheit, weil Kinder aufeinander achten und einander auch sozial kontrollieren.
Ein sehr wichtiger Aspekt dabei ist, dass Kinder lernen müssen, Risiken einzuschätzen. Dazu müssen die Eltern ihnen lange Leine geben, auch wenn die damit verbundenen Ängste nachvollziehbar sind. Eine so lange Leine, dass auch ein Scheitern möglich ist! Kinder müssen das Scheitern lernen, weil es sie ansonsten jedes Mal niederschmettern wird, wenn die Dinge anders laufen als erhofft. Helikoptererziehung vermittelt Kindern typischerweise ein Selbstbild, wonach sie immer erfolgreich sein sollen. So werden sie, wenn sie erwachsen sind, oft von einer übergroßen Versagensangst geplagt. Die Angst vor Niederlagen und das tatsächliche Verlieren schränken nicht nur ihre Lebensqualität erheblich ein, sondern beeinflussen ihre ganze Haltung. Ihre Entscheidungen werden oft von Misstrauen geprägt sein, da neue Situationen und andere Personen immer auch eine neue Möglichkeit des Scheiterns in sich bergen.
Was Helikoptereltern tun können, die sich ändern wollen
Für Helikoptereltern, die sich ändern möchten, ist es vermutlich unumgänglich, sich zunächst mit sich selbst zu beschäftigen und zu hinterfragen, woher übertriebene Sorgen rühren. Unverhältnismäßige Besorgtheit ist im Übrigen kein Ausnahmephänomen. Es wird vermutet, dass sie ein Produkt unserer Zeit ist. Die allermeisten jungen Menschen, die heutzutage eine Familie gründen, haben zum Glück nie Krieg und Hunger erleben müssen und kennen nur das Leben in der Wohlstandsgesellschaft. Es fällt ihnen daher schwerer, kleine Risiken zu akzeptieren, weil sie auch diese schon als handfeste Bedrohung empfinden. Ihre eigenen Eltern wuchsen – überwiegend – sehr viel weniger behütet auf, da die Großelterngeneration noch den Krieg erlebt und daher wirklich existenzielle Nöte kennengelernt hatte. Durch ihre jeweilige Prägung hat jede Generation ihren eigenen Erziehungsstil. Diese Erkenntnis kann dabei helfen, eigene Ansichten und eigenes Empfinden infragezustellen. Es geht zunächst allein darum, eine neue Offenheit zu entwickeln. Hier gilt keineswegs automatisch der Grundsatz, früher sei alles besser gewesen. Wohl nicht wenige Helikoptereltern hegen den Wunsch, es bei ihren Kinder besser zu machen, als sie es seitens ihrer eigenen Eltern erlebt haben. Denn sie erfuhren vielleicht zu viel Gleichgültigkeit und Distanz.
Am ehesten lohnt es sich wohl, die eigene Ängstlichkeit zu hinterfragen. Ganz normal ist der Reflex fast aller Erwachsenen, Kinder vor körperlichem Schaden zu schützen, sie beispielsweise in der Nähe einer großen Straße an die Hand zu nehmen. Sich selbst dann noch zu sorgen, wenn eine Absicherung existiert, ist jedoch zu viel des Guten. Schön wäre es, wenn sich Ängste abschalten ließen. Hoffnung sollte man darauf aber nicht setzen, von alleine wird sich das nämlich kaum regeln. Es ist überhaupt keine Schande, sich eventuell auch therapeutische Unterstützung zu suchen. Es geht immerhin um die Kinder und die gesamte Familie. Das Problem muss nicht tief verwurzelt und gleich mit einem Trauma verbunden sein. Ein therapeutischer Ansatz kann oft schnelleren Fortschritt bringen als erwartet.
Es gibt etwas, das besserungsbereite Helikoptereltern alleine tun können: trainieren! Es ist zu einem erheblichen Maß tatsächlich Übungssache, die Kinder loslassen zu lernen. Und da bieten sich manche Möglichkeiten besonders an. Zum Beispiel der Besuch in einem Klettergarten. Dort bewegt sich der Nachwuchs in mehreren Metern Höhe, so dass der Angstreflex der Erwachsenen ausgelöst wird. Aber die Kinder sind sicher! Das System hat sich unzählige Male bewährt. In einer Situation wie dieser können Eltern ihre Sorge bekämpfen, ohne dass das geliebte Kind einer echten Gefahr ausgesetzt ist. Und den Kleinen macht ein Klettergarten in aller Regel mächtig Spaß!
Und so geht es immer weiter: immer öfter immer mehr wagen und zulassen – und erleben, dass es gut geht. Ein Restrisiko existiert, das ist richtig. Jedoch ist ein gutes Leben ohne Risiko nicht zu haben. Um sich vor Augen zu halten, wie realistisch Risiken sind, hilft eine weitere Methode. Recherchieren Sie, wie viele Opfer bestimmte Alltagstätigkeiten kosten, und lassen sie sich überraschen. Als Mitfahrende im Auto verunglücken mehr Kinder tödlich als zu Fuß oder auf dem Fahrrad! Der Realitäts-Check verhilft zu einer realistischeren Risikoeinschätzung und setzt somit der so übermächtig erscheinenden Angst etwas entgegen.
Helikoptereltern sei abschließend geraten, sich mit einer positiven Vision zu motivieren, die nicht von Ängstlichkeit bestimmt wird. Eigentlich erinnern sich die meisten Erwachsenen noch ganz gut, wie es sich anfühlte, als sie selbst Kinder waren. Es ist sicher nicht schlecht, dem Nachwuchs Möglichkeiten anzubieten, für die er sich auch ein wenig anstrengen und vielleicht etwas anderes opfern muss. Doch darf die Kindheit dabei nicht auf der Strecke bleiben. Zu dieser aber gehört auch die Freiheit, spontan sein können. Es gibt Expert*innen, die die Ansicht vertreten, Langeweile sei sogar wichtig für die Entwicklung unserer Kinder. Nicht zuletzt, damit sie lernen, damit umzugehen, aber auch, weil erst dieser zeitliche Freiraum unerwartete Optionen schafft. Wenn Eltern anerkennen, dass Kinder mitreden sollten, wo sie betroffen sind, dass zu einer erfüllten Kindheit auch das Gefühl von Freiheit und Abenteuer gehört und dass nicht nur Leistung sondern auch eine als schön erlebte Kindheit zu späterem Erfolg im Leben beiträgt, sind sie auf dem richtigen Weg.
Quellen und weitere Informationen:
- https://www.zdf.de/dokumentation/generation-helikopter-eltern/sendung-eins-106.html
- https://www.sueddeutsche.de/medien/generation-weichei-auf-3sat-wo-die-helikopter-kreisen-1.1905491
- https://www.focus.de/kultur/medien/kultur-und-leben-medien-an-der-nabelschnur-durchs-leben-gezogen_aid_757886.html
- https://faculty.wcas.northwestern.edu/~mdo738/research/Love_Money_and_Parenting_webpage.pdf
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