Qi Gong gehört in die Reihe traditioneller Gesundheitspraktiken, deren Ziel es ist, die Konstitution zu stärken oder sogar Krankheiten zu heilen. Die ältesten Qi Gong Übungen werden schon seit Jahrhunderten weitergegeben. Viele Bewegungsabläufe sind Tieren, wie etwa Kranichen, nachempfunden. Oft wird auch reglos, nämlich nur mit der Vorstellung, gearbeitet. Es gibt so viele Qi Gong Übungen, dass es kaum möglich ist, sie alle zu kennen. Zum Glück ist das auch nicht nötig. Schon eine einzige kann genügen, um die Gesundheit spürbar zu stärken. Das aus China stammende Qi Gong ähnelt in einiger Hinsicht dem noch bekannteren indischen Yoga. Auch in Europa und anderen Teilen der Welt befassten sich Gelehrte (oft Geistliche in Klostern) damit, wie sich die menschliche Gesundheit mithilfe von Übungen unterstützen lässt. Neben Meditationsformen kamen auch physische Techniken dabei heraus. Meistens wurde empirisch – geradezu wissenschaftlich – vorgegangen, und es entstanden Regeln. Qi Gong Übungen sind also das Ergebnis einer komplexen Entwicklung. Für sich betrachtet sind sie aber oft gar nicht besonders schwer. Sie bieten sich deswegen für Menschen jeden Alters an, die etwas für ihre Gesundheit tun möchten. Allerdings ist regelmäßiges Üben notwendig. Denn wie beim Sport gilt auch beim Qi Gong: Von nichts kommt nichts. Wir wollen hier das Wichtigste erklären und auch auf den Punkt eingehen, ob Qi Gong Übungen für Kinder geeignet sind. Am Ende des Textes werden zwei Übeabläufe beschrieben, die sich für den Einstieg eignen.
Was hat Qi Gong mit Tai Chi und TCM zu tun?
Die Wortteile Qi und Gong bedeuten Energie und Arbeit. Beim Qi Gong dreht es sich also um das Üben mit der (Lebens-)Energie. Die Existenz des Qi und sein Wirken im Körper ist Teil des daoistischen Denkens. Quasi verwandt mit dem Qi Gong ist das Tai Chi, bei dem es sich eigentlich um Kampfkunst handelt. Heutzutage kennt auch im Westen fast jeder den Anblick von Menschen, die beim Üben sehr langsame fließende Bewegungen ausführen.
Dieses Zeitlupentempo des Tai Chi ist auch typisch für viele Qi Gong Übungen. Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) funktioniert auf Basis der selben Prinzipien. Qi Gong Übungen sind oft Bestandteil einer Behandlung und werden gemeinsam mit Akupunktur und/oder einer Teetherapie angewendet. Die Auswahl der Übungen hängt dann von den zu behandelnden Beschwerden ab. Der Daoismus und die TCM müssen hier zum Glück nicht vollständig erklärt werden. Für das Verständnis des Qi Gong und seiner Funktionsweise sind ein paar Ausführungen aber hilfreich.
Qi Gong Übungen bauen auf daoistischen Prinzipien auf
Dem Daoismus zufolge befindet sich die ganze Welt im andauernden Ausgleich gegensätzlicher Kräfte. Nichts kann demnach in einem Zustand verweilen, Extreme können nicht lange anhalten, alles verändert sich früher oder später in die gegenteilige Richtung. Dieser Wandlungsprozess kann Nanosekunden oder Äonen dauern. Und inmitten der Kräfte, die diesem Prinzip unterworfen sind, existiert der Mensch. Auf Basis dieses Grundgedankens entstand ein umfangreiches Heilsystem. Letzten Endes wird immer ein möglichst freier Fluss des Qi, der Lebensenergie, angestrebt. Er sorgt für Gesundheit, indem er den Ausgleich gewährleistet. Stockt das Qi, kommt es irgendwo im Körper zu einem Übergewicht, das zu gesundheitlichen Beschwerden führt.
Wenn Qi in ausreichendem Maß vorhanden ist und sein Fluss nicht blockiert wird, bewahrt das den Zustand der Gesundheit. Zur Veranschaulichung eignet sich der Vergleich mit einem Bach: Kann das Wasser frei fließen, ist alles in bester Ordnung. Es sorgt für Leben, für den Austausch von Nährstoffen und so weiter. Trocknet der Bach aus, wird all das unterbrochen und die Umgebung leidet. Ist das Bachbett aber beispielsweise zu eng für die Wassermenge, kommt es zur Überschwemmung. Vergleichbare Folgen hat es, wenn ein Hindernis den Bach ganz oder teilweise verstopft: Auch dann steigt das Wasser über die Ufer. Außerdem herrscht dort, wo der Stau Druck erzeugt, eine enorme Belastung. Wenn das Wasser durchbricht, kommt es zu Zerstörungen. Das kann an einer Stelle mit großem Schaden und an mehreren Stellen mit kleineren Schäden geschehen.
Das Bild eines Bachs ist noch in anderer Hinsicht ein guter Vergleich. Wie durch Bäche und Flüsse verläuft das Qi entlang von Bahnen: den Meridianen. Diese, und spezielle Punkte auf diesen, werden vor allem auch bei der Akupunktur stimuliert. Unterschiedliche Qi Gong Übungen können ebenfalls gezielt auf die Meridiane einwirken und bestimmten Beschwerden entsprechend ausgewählt werden, um diese zu lindern.
Sehr speziell wird es bei der Qualität des Qi. Es gibt nicht nur eine sondern mehrere Arten oder Erscheinungsformen der Lebensenergie. Keine davon ist gut oder schlecht. Vielmehr sollen auch sie ausgeglichen sein. Ungünstig für die Gesundheit ist es immer dann, wenn irgendeine Art von Übergewicht vorhanden ist.
Sind Qi Gong Übungen auch etwas für Kinder?
Zur Beantwortung dieser Frage bietet sich ein Vergleich mit sportlicher Betätigung an. Viel Bewegung ist ja einer der wesentlichsten Beiträge zu einem gesunden Leben. Eine Menge Erwachsene bekämpfen ihre körperlichen Beschwerden auf ärztlichen Rat hin mit Bewegung. Aber noch besser ist es, wenn man sich von Kindesbeinen an viel bewegt. Denn dann entstehen viele gesundheitliche Probleme gar nicht erst. Aber Sport sollte, das gilt gerade für Kinder, keine Qual darstellen. Die Freude an der Bewegung ist ein wichtiger gesundheitsfördernder Aspekt, wohingegen Sport gegen den kindlichen Willen die körperliche und geistige Gesundheit sogar schädigen kann. Und nicht viel anders verhält es sich mit dem Üben von Qi Gong. Im Kinderalter kann das Qi im Normalfall noch ungehindert fließen. Wenn Kinder täglich Qi Gong üben, hat das einen präventiven Effekt gegen Blockaden und legt eine hervorragende Grundlage für eine gute Gesundheit. Wenn wir nur danach fragen, ob Qi Gong Übungen für Kinder in gesundheitlicher Hinsicht gut wären, lautet die Antwort daher: auf jeden Fall.
Aber wollen sie denn? Und sind Kinder überhaupt dazu in der Lage, Qi Gong zu üben? Der Schwierigkeitsgrad ist dabei nicht das entscheidende Kriterium. Oft stellen sich Kinder sogar geschickter an als Erwachsene. Es geht rein darum, ob Kinder fürs Qi Gong ganz grundsätzlich zu motivieren sind. Ohne jeden Zweifel werden die allermeisten mehr Spaß am Skateboarden oder an Ballspielen haben. Allerdings sollte man Kinder diesbezüglich nicht unterschätzen. Ihre Vorlieben sind nicht berechenbar. Sie können sich für ganz unerwartete Hobbies entscheiden und diese mit größter Hingabe betreiben. Kinder sollten auf geeignete Weise an die Übungen herangeführt werden. Das heißt: in kleinen Schritten und mit dem Beiwerk von kindgerechten Erklärungen, vielleicht auch verbunden mit Geschichten. Schließlich stammt das Qi Gong aus der Welt des „Kung Fu“, und es gibt da tatsächlich so manche Geschichte zu erzählen. Aber wenn die Qi Gong Übungen ein Kind einfach nicht ansprechen, sollte man das unbedingt akzeptieren.
Qi Gong Übungen können Kinder auf vielfältige Weise voranbringen
Durch das Praktizieren von Qi Gong – auch schon durch einfaches Meditieren – können Kinder in jedem Fall viel lernen. Für die richtige Ausführung von Qi Gong Übungen ist es nötig, zunächst zur Ruhe zu kommen und sich zu konzentrieren. Das ist etwas, das Erwachsene Kindern in der Regel nicht zutrauen. Es kann Kindern aber sehr gut tun, dies zu üben und nach und nach zu erlernen. Für manche Typen kann es genau das Richtige sein. Eltern können da so manche Überraschung erleben, weil es ganz anders kommt erwartet. So kann es sein, dass wider Erwarten ein introvertiertes Kind die Stille, in der geübt werden soll, überhaupt nicht mag, während ein sonst stets überdrehtes Kind hier endlich zur Ruhe kommt und diese in höchstem Grade genießt. Man sollte es einfach – ergebnisoffen! – ausprobieren. Für alle Kinder aber gilt, dass sie sich in manchen Momenten überhaupt nicht fokussieren können und manchmal nur für ganz kurze Zeit. Da ist Geduld seitens der Erwachsenen die wichtigste Tugend.
Kann man Qi Gong Übungen für sich selbst ausprobieren?
Es ist immer empfehlenswert, sich an Qi Gong Lehrerinnen und Lehrer zu wenden, weil sie sich sowohl mit der Materie als auch mit dem Unterrichten auskennen. Zuhause kann man aber schon einmal vorfühlen, ob Qi Gong eine Gesundheitspraktik ist, die einem liegen könnte. Das gilt für Erwachsene ebenso wie für Kinder. Die Großen seien gewarnt. Vielen fällt es schwer, überhaupt erst einmal „runterzukommen“. Sie sollten mit sich selbst so geduldig sein, wie es auch im Umgang mit Kindern erforderlich ist. Üben Sie zunächst, eine aufrechte Sitzhaltung (auf dem Boden oder einem Stuhl) einzunehmen, in der sie sich entspannen können, ohne dass Ihr Körper völlig erschlafft. Finden Sie zu einer gleichmäßigen unangestrengten Atmung. Sollte Ihnen das zunächst schwer fallen, seien Sie nicht frustriert – das geht fast allen so. Auch dass der Kopf nicht abschalten kann, stellt für die meisten anfangs ein Problem dar. Es braucht tatsächlich einiges an Übung, die Gedanken einfach vorüberziehen zu lassen, ohne daran festzuhalten. Dann kommt auch der Geist zur Ruhe. Versuchen Sie im nächsten Schritt, den entspannten Zustand eine Weile zu halten und zu genießen. Eine solche positive Erfahrung können auch Kinder machen. Diese Vorbereitung ist nichts anderes als Meditation und für sich genommen bereits – nachweislich! – gesundheitsfördernd. Egal ob klein oder groß: Wer diesen Anfang geschafft hat, ist in der Lage, Qi Gong auf einem sehr guten und effektiven Niveau zu üben. So wäre es optimal. Aber dieser sorgfältige Einstieg liegt nicht jedem. Es ist auch möglich, die Qi Gong Übungen ganz direkt anzugehen. Bei manchen Menschen kommt die innere Ruhe beim Üben selbst. Achten Sie darauf, was Ihnen guttut.
Sind Qi Gong Übungen schwer? Und wie viel Zeit muss man aufwenden?
Letzten Endes, wir haben es ja schon bei der Meditation gesehen, kann die korrekte Ausführung von Qi Gong Übungen sehr anspruchsvoll sein. Der Bewegungsablauf hingegen ist meistens ganz einfach, obwohl es auch komplexe Figuren gibt. Die Schwierigkeit besteht eher darin, dass gerade beim regungslosen („Stillen“) Qi Gong die Vorstellungskraft zum Einsatz kommt und der Geist nicht abschweifen soll. Doch das kommt mit dem Üben. Und so liegt wohl die größte Herausforderung darin, sich das Üben zur Gewohnheit zu machen. Deswegen wäre anfangs eine tägliche Übezeit von zehn Minuten schon ein echter Erfolg. Dies sollte über kurz oder lang auf mindestens eine halbe Stunde ausgeweitet werden. Nur ganz wenigen Menschen gelingt es, jeden Tag stundenlang zu üben. Allein aus Zeitgründen erscheint dies kaum jemandem möglich. Solch ausdauernde Übedisziplin ist entweder erforderlich, wenn ein extrem hohes Niveau erreicht werden soll, oder wenn die Qi Gong Übungen bei der Behandlung von Krankheiten helfen sollen. Der Lern- und Übeprozess ist nie zuende. Auch die sogenannten Meister lernen immer weiter. „Normalsterbliche“ aber sollten sich nicht an Extremen messen und dadurch frustrieren lassen. Zur Eigenmotivation wäre es besser, im Auge zu behalten, dass schon eine halbe Stunde Übezeit am Tag zu Ergebnissen führt.
Grundregeln für Qi Gong Übungen
- Beim Qi Gong soll nicht zuletzt Qi eingesammelt, quasi „getankt“ werden. Aber Achtung, erinnern wir uns an den Vergleich mit dem Bach: Wenn der an einer Stelle verengt oder gar blockiert ist, kommt es bei starkem Zufluss zur Stauung und einem gewaltsamen Durchbruch. Beim Qi Gong soll deshalb erst der Weg freigemacht und erst dann die Menge des Qi nach und nach erhöht werden. Entsprechend sind für den Anfang Übungen sinnvoll, die die Energie zirkulieren lassen, anstatt sie zu vermehren.
- Vor intensivem Sport wärmt man sich auf. Nach vollbrachter Leistung wird die Bewegung nicht sofort eingestellt, sondern auf niedrigen Niveau fortgeführt, um den Abbau von Abfallprodukten des Stoffwechsels voranzutreiben. Beim Qi Gong gibt es ebenfalls eine Vor- und Nachbereitung. Das Qi wird erst einmal geweckt, quasi in Gang gebracht und verteilt. Zum Abschluss wird es wieder gesammelt, damit nicht irgendwo ein Überschuss bestehen bleibt. Es gibt eine Art Hauptreservoir für das Qi. Es wird „Unteres Dantian“ genannt und befindet sich knapp unter Nabelhöhe wenige Zentimeter hinter der Bauchdecke. Hier soll das Qi mit der Vorstellungskraft vor dem Üben erwärmt und nach dem Übungen gesammelt werden. Der Gedanke hinter dem Einsammeln ist, dass ein gesunder Mensch über mehr Qi verfügt, als im Ruhezustand zirkulieren muss. Bei den physiologischen Energiereserven ist es ja nicht anders. Auch sie stellen ein Potenzial dar, das vom Körper nur bei Bedarf genutzt wird.
- Beim Qi Gong ist eine gute „Erdung“ erstrebenswert. Hier wird vor allem die Vorstellungskraft eingesetzt, um eine feste Verankerung mit dem Boden zu empfinden. Diese soll nach den Übungen wieder gelöst werden.
- Das Qi ist wie eine zähe Flüssigkeit im kühlen Ruhezustand. Bei (imaginierter) Erwärmung verflüssigt es sich und kann fließen. Diesen Fluss sollten Sie sich immer als ruhig und sanft vorstellen. Dazu passt die Assoziation von lauer Wärme und goldenem Licht im Gegensatz zu Hitze und grellem Sonnenschein. Die Vorstellung vom Qi sollte so sein, dass es nie Druck aufbaut. Es sollte auch nicht per Vorstellung vorwärts gedrängt werden. Es soll sich wie sickerndes Wasser auf sanfte Art seinen Weg suchen.
Zwei Qi Gong Übungen
Die folgenden beiden Übungen gehören zu den häufigsten im Qi Gong. Wir haben sie ausgewählt, weil sie sehr unterschiedlich sind. „Der kleine Kreislauf“ ist eine Übung des Stillen Qi Gongs, das ohne äußere Bewegung funktioniert. Das andere ist eine Figur aus dem „Kranich Qi Gong“ und bezieht den ganzen Körper mit ein. Es gibt Menschen, denen das eine oder das andere mehr liegt. Viele ziehen Bewegung vor. Andererseits können auch Menschen, die unter großen körperlichen Einschränkungen leiden, problemlos Stilles Qi Gong üben. „Der kleine Kreislauf“ ist eine Basisübung, womöglich die wichtigste überhaupt und wird in unterschiedlichen Varianten geübt. Er dient dazu, die Bahnen für das Qi zu öffnen, um Blockaden aufzulösen. Er wird deswegen über längere Zeit geübt, bevor mithilfe anderer Übungen das Qi vermehrt wird.
Der Einstieg in beide Übungen ist gleich:
Spüren Sie das eigene Gewicht und stellen Sie sich vor, wie es im Körper immer weiter absinkt, bis Ihr empfundener Schwerpunkt im unteren Bauchbereich liegt. Nehmen Sie wahr, wie fest Ihr Gewicht über die Fußsohlen auf dem Boden lastet. Lassen Sie über Ihre Vorstellungskraft eine Verbindung mit der Erde entstehen, denken Sie zum Beispiel an die Wurzeln eines Baums. Richten Sie dann den Fokus auf das Untere Dantian. Stellen Sie sich dort eine angenehme Wärme vor. Die tatsächliche Temperatur ist dabei unerheblich, aber meistens steigt sie tatsächlich an.
Der Kleine Kreislauf (eine der Basisübungen des Qi Gong und eine der wichtigsten. Wird meistens im Sitzen geübt)
Hier wird das Qi pro Durchgang einmal im Kreis um die zentrale vertikale Achse des Körpers geleitet, also immer die Körpermitte entlang, vorne abwärts und hinten aufwärts. Dafür wird nur die Vorstellungskraft eingesetzt. Sie können sich das Qi gerne als goldenes Licht oder wie ein Rinnsal warmen Wassers vorstellen. Es ist nicht nötig, das Qi zu spüren. Doch nach einigem Üben empfinden viele ganz von alleine ein feines Kribbeln dort, wo es verläuft. Starten Sie, indem Sie sich auf das Untere Dantian konzentieren. Verschieben Sie ihren Fokus dann immer weiter abwärts, zwischen den Beinen hindurch, dann die Wirbelsäule aufwärts. Das Qi folgt einfach Ihrer Vorstellung. Damit geben Sie das Tempo vor, und das sollte – richtig! – sehr langsam sein. Entlang des Weges liegen wichtige Punkte, an denen man eigentlich ein wenig verweilen sollte. Aber das ist für den Einstieg nicht unbedingt erforderlich. Es geht weiter, Wirbel für Wirbel, das Rückgrat hinauf, bis zum Genick, dann weiter zum Ansatz des Schädels, über Hinterkopf und Scheitel nun wieder abwärts zur Stirn, zwischen den Augen hindurch, die Nase entlang. Dann über den Gaumen und die angelegte Zunge zu deren Wurzel, die Kehle hinab, am Solar Plexus vorbei und schließlich wieder zum Unteren Dantian. Dem Atem kommt hier keine besondere Bedeutung zu. Er soll nur frei sein und nicht ablenken.
Sie werden möglicherweise feststellen, dass schon ein einziger Durchgang durchaus fordernd ist. Eventuell können Sie sich nicht länger konzentrieren und merken das daran, dass Sie während der Übung wegdösen oder aber diese als zu anstrengend empfinden. Forcieren Sie nichts. Mittel- und langfristig sollten aber mehrere Wiederholungen pro Sitzung angestrebt werden.
Kranich Qi Gong (hier nur eine Figur. Geübt wird meistens die Aneinanderreihung mehrerer Figuren)
Stellen Sie sich aufrecht hin mit geschlossenen Beinen und entspannt angelegten Armen. Die Bewegungen dieser Übung sollen langsam und synchron mit dem Atem ablaufen. Versuchen Sie einfach, so tief und ruhig wie möglich ein- und auszuatmen. Beugen Sie langsam die Knie, aber nicht tief. Atmen Sie dabei so aus, dass der Atemzug mit der Bewegung beginnt und mit ihr endet. Lehnen Sie sich dabei ganz leicht vor, auch den Kopf, und führen Sie die Hände etwas zusammen. Dies soll eine Ausholbewegung für das anschließende Anheben der Arme sein. Denken Sie an den Kranich.
Stellen Sie sich also vor, Ihre Arme seien große Flügel. Nach dieser abwärts gerichteten Aushol- und Ausatemphase folgt ein kurzer Moment der Neutralität, in welchem die Muskeln absolut locker sind. Erst dann wird die Gegenbewegung aufwärts eingeleitet, gemeinsam mit dem Einatmen. Außerdem richtet sich der Körper währenddessen wieder auf. Wie bei einem Flügelschlag in Zeitlupe steigen die Arme an beiden Seiten des Körpers nach oben. Die Handflächen zeigen nach unten. Die Handgelenke sind entspannt, so dass die Hände wie unter Wasser nachgezogen werden. Die Bewegung kommt etwa dann zu ihrem Ende, wenn die Hände knapp über die Höhe des Kopf hinaus sind. Hier ist auch das Einatmen zuende. Es folgt wieder der neutrale Moment, in dem die Muskeln kurz erschlaffen. Dann werden die Arme wie Flügel zusammen mit dem Ausatmen wieder abwärts geführt. Lassen Sie sie nicht einfach nur sinken. So könnte ein Vogel nicht fliegen. Die Arme/Flügel werden von der Vorstellung her nach unten gedrückt, aber eben nur mit minimalem Kraftaufwand. Wie wäre es, unter Wasser die Arme ganz langsam gegen den Wasserwiderstand abwärts zu bewegen? Unter einer solchen ganz leichten Spannung sollten die Muskeln bei allen Bewegungen stehen. Lassen Sie sich vom Bild ganz oben anregen: Die gezeigte Hand ist nicht schlaff, aber auch keineswegs angestrengt. Wenn die Arme unten angelangt sind, kommt wieder der kurze neutrale Moment, dann geht es wieder aufwärts. Wenn es gut läuft, können Sie so in einen Flow kommen, in dem Bewegung und Atmung eins werden und sich völlig natürlich anfühlen. Jede Phase des Übungsablaufs fühlt sich gut an und kann – tatsächlich – genossen werden.
Beide Qi Gong Übungen werden damit abgeschlossen, dass Sie sich eine Weile auf das Untere Dantian konzentrieren. Das reicht schon, um das Qi sich dort sammeln zu lassen.
Lassen sich mit Qi Gong Übungen schwere Krankheiten heilen?
Diese Frage ist heikel. Niemand sollte sich im Falle einer ernsten Erkrankung ausschließlich auf Qi Gong (und andere Varianten der sogenannten alternativer Medizin) verlassen. Es gibt allerdings seriöse Studien zu der Frage, wie die Kombination aus Schulmedizin und Qi Gong einen Heilerfolg begünstigt. Aufgrund positiver Resultate wird dies auch in manchen Kliniken angewendet. Wenn Sie sich dafür interessieren, finden Sie nachfolgend einige Empfehlungen.
Weitere Informationen:
- Ulli Olvedi: Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li
- http://www.qigongakademie.de/qigong-und-krebs.html
- https://krebshamburg.de/qigong-fuer-krebspatienten/
- https://gesundheit-heute.ch/wp-content/uploads/2016/12/psychoonkologie.pdf
- https://docplayer.org/7080279-Wissenschaftliche-studien-ueber-qi-gong.html
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