Kinder lernen motorische Abläufe in der Regel von sich aus, aus eigenem Antrieb sowie im individuellen Tempo. Gibt es jedoch Defizite, so sind Übungen im Alltag oder bei einem Physiotherapeuten angebracht. Was können nun Eltern und Pädagogen tun, damit der Gleichgewichtssinn im Alltag nebenher trainiert wird?
Einführung in die Entwicklung des Gleichgewichtssinns
Bedeutung des Gleichgewichtssinns innerhalb der motorischen Entwicklung
Die motorische Entwicklung bei Kindern ist ein zentraler Bestandteil ihrer Gesamtentwicklung, der große Auswirkungen auf ihre physische, emotionale und soziale Entfaltung hat. Die Bedeutung der motorischen Entwicklung bildet die Grundlage für eine Vielzahl alltäglicher Aktivitäten und Fähigkeiten. Von den ersten unsicheren Schritten bis hin zu komplexen Bewegungsabläufen wie dem Schreiben, Tanzen oder Sport treiben, ist die motorische Entwicklung ein kontinuierlicher Prozess, der Kinder befähigt, ihre Umwelt aktiv zu erkunden und mit ihr zu interagieren.
Ein wesentlicher Aspekt dieser Entwicklung ist das Gleichgewicht, eine Fähigkeit, die oft als selbstverständlich angesehen wird, jedoch von entscheidender Bedeutung für nahezu alle körperlichen Aktivitäten ist.
Definition des Gleichgewichtssinns
Der Gleichgewichtssinn umfasst die Fähigkeit des Körpers, seine Position im Raum zu erkennen und zu steuern, was durch das komplexe Zusammenspiel sensorischer Systeme wie dem vestibulären System, der Propriozeption und der visuellen Wahrnehmung ermöglicht wird. Diese Systeme helfen dem Kind, aufrecht zu stehen, zu gehen und zu laufen, ohne zu fallen, und bilden die Basis für fortgeschrittenere motorische Fertigkeiten.
Die Rolle des Gleichgewichts
Die Rolle des Gleichgewichts in der kindlichen Entwicklung geht über die reine Bewegungskontrolle hinaus. Es beeinflusst auch die kognitive Entwicklung und das Lernvermögen, da motorische Aktivitäten die Grundlage für die Erkundung der Umwelt und damit für den Erwerb neuer Kenntnisse bilden. Ein gut entwickeltes Gleichgewichtssystem ermöglicht Kindern nicht nur eine sicherere und selbstbewusstere Teilnahme an körperlichen Aktivitäten, sondern fördert auch die Entwicklung von Aufmerksamkeit, Konzentration und sozialen Fähigkeiten.
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Wie kann man eine Gleichgewichtsstörung erkennen?
Gründe für einer Gleichgewichtsstörung
Das Gleichgewicht wird durch ein komplexes Zusammenspiel sensorischer Informationen aus dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr, den Augen (visuelle Informationen) und den Sensoren in den Muskeln und Gelenken (propriozeptive Informationen), die Position und Bewegung des Körpers im Raum erfassen, reguliert. Eine Störung in einem oder mehreren dieser Systeme kann zu Gleichgewichtsproblemen führen.
Störungen des Gleichgewichtssinns im Kindesalter haben Migräne, Fehlsichtigkeiten oder Innenohrfehlbildungen als Ursache, des Weiteren Entwicklungsstörungen der posturalen Motorik.
Wie zeigt sich eine Gleichgewichtsstörung bei Kindern?
Bei Kindern können sich Gleichgewichtsstörungen anders manifestieren als bei Erwachsenen, da Kinder möglicherweise nicht in der Lage sind, ihre Symptome genau zu beschreiben. Anzeichen für eine Gleichgewichtsstörung bei Kindern können sein:
- Häufiges Stolpern oder Fallen
- Verzögerung bei der Entwicklung motorischer Fähigkeiten wie Sitzen, Krabbeln oder Gehen
- Unbeholfene oder unsichere Bewegungen, z.B. beim Schleifen binden oder Malen
- Schwierigkeiten beim Teilnehmen an Spielen oder Sportarten, die eine gute Koordination erfordern, wie beispielsweise Ball werfen oder treffen
- Augenbewegungsstörungen oder Schwierigkeiten, den Blick zu fixieren
- Kind vermeidet Aktivitäten, die eine gute Gleichgewichtskontrolle erfordern, wie etwa balancieren oder um die Wette rennen
Gleichgewichtsförderung in verschiedenen Altersstufen
Von einer Gleichgewichtsstörung betroffene Kinder gehören in professionelle ärztliche und therapeutische Behandlung. Gibt es eine Diagnose, dass der Gleichgewichtssinn gestört ist, können Eltern und Erzieher viel tun, um die Behandlung zu unterstützen.
Die Förderung des Gleichgewichts variiert in ihrer Methodik und ihren Zielen stark je nach Altersgruppe. Entsprechende Übungen und Aktivitäten müssen sorgfältig ausgewählt werden, um die Entwicklungsstufen und Fähigkeiten der Kinder zu berücksichtigen. Die Anpassung der Aktivitäten an das Alter und die individuellen Fähigkeiten der Kinder ist entscheidend, um eine positive und effektive Entwicklung zu gewährleisten. Wie gelingt altersgerechte Gleichgewichtsförderung?
Frühkindliche Förderung (0-3 Jahre)
In den ersten Lebensjahren ist die Gleichgewichtsförderung eng verknüpft mit den ersten motorischen Meilensteinen wie Sitzen, Krabbeln und Laufen. In diesem Alter ist es wichtig, eine sichere und stimulierende Umgebung zu schaffen, die das Kind zur Bewegung ermutigt bzw. Bewegung überhaupt ermöglicht. Ein Kind, dem sofort geholfen wird, sobald es beim Umdrehen vom Bauch auf dem Rücken Frust zeigt, wird seine motorischen Fähigkeiten nicht so sicher entwickeln wie er es könnte.
Eltern und Erzieher können die Entwicklung des Gleichgewichtes unterstützen, indem sie Spielmatten, weiche Möbel und andere sichere Gegenstände verwenden, auf denen das Kind gefahrlos rollen oder an denen es sich hochziehen kann. Einfache Aktivitäten sind beispielsweise das sanfte Schaukeln in den Armen, das Spielen in verschiedenen Körperlagen oder leichte Balancierübungen, wie das Balancieren auf einem Kissen oder auf einem Pezziball, sowie das Klettern auf niedrigen Hindernissen.
Kindergartenalter (3-6 Jahre)
Im Kindergartenalter sind Kinder bereits mobiler und experimentierfreudiger. Dies ist eine ideale Zeit, um Gleichgewichtsübungen durch spielerische Aktivitäten zu integrieren. Dazu gehören Spiele, die das Stehen auf einem Bein, Hüpfen, Klettern und Balancieren auf niedrigen Balken oder Parcours umfassen. Gruppenaktivitäten, die Tanz und Bewegung zu Musik beinhalten, können ebenfalls sehr effektiv sein, da sie nicht nur das Gleichgewicht, sondern auch das Rhythmusgefühl und die sozialen Fähigkeiten fördern. In diesem Alter können auch einfache Sportgeräte wie Bälle, Hüpfbälle oder Balancierbretter zum Einsatz kommen, um die Gleichgewichtsfähigkeiten weiter zu entwickeln.
Grundschulalter (6-10 Jahre)
Kinder im Grundschulalter sind in der Lage, komplexere Gleichgewichtsübungen zu meistern und können von strukturierteren Sport- und Freizeitaktivitäten profitieren. Zu den Aktivitäten, die das Gleichgewicht effektiv fördern, zählen Turnen, Schwimmen oder Mannschaftssportarten, die schnelle Richtungswechsel und präzise Bewegungsabläufe erfordern. Es ist auch eine gute Zeit, um Herausforderungen zu integrieren, wie das Balancieren auf schmaleren Oberflächen, das Nutzen von Skateboards, Fahrradfahren oder Rollschuhen und das Üben von Sportarten, die eine gute Koordination und Balance erfordern. Die Einbeziehung von Aufgaben, die Konzentration, Geduld und Ausdauer verlangen, wie Yoga, können ebenfalls sehr förderlich sein.
Bildquellen
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- Pexels @ Vika Glitter
- Pixabay @ Marjon Besteman
Quellen
- https://www.kindergesundheit-info.de/themen/entwicklung/entwicklungsschritte/motorische-entwicklung/auffaelliges-bewegungsverhalten/
- https://www.lmu-klinikum.de/schwindelzentrum/fur-patienten/schwindel-bei-kindern/8f084ead9a3c4f9d
- https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-642-60371-6_27
- https://ergotherapie-trauernicht.de/service/tipps-fuer-eltern/spielideen/spielideen-zur-foerderung-von-stoerungen-des-gleichgewichts/
- https://www.usz.ch/krankheit/stoerungen-des-gleichgewichts/
- https://www.elternwissen.com/kindergesundheit/sport-fuer-kinder/so-foerdern-sie-den-gleichgewichtssinn-ihres-kindes/
- https://www.aok.de/pk/magazin/familie/kinder/schwindel-bei-kindern-das-kann-helfen/
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