Die drei Siebe des Sokrates: Selbstbewusst Gespräche führen

Drei Siebe des Sokrates - Spielundlern.de

Der Grundgedanke

Das System

Die drei Siebe des Sokrates sind ein einfaches, aber zentrales Fragesystem, das den verbalen zwischenmenschlichen Kontakt transformiert. Sein Ziel: eine bewusste und wertschätzende Kommunikation. Es wurde erdacht vom griechischen Philosophen Sokrates.

Die drei Siebe versinnbildlichen drei Stufen, die vor jeder Aussage gedanklich durchlaufen werden sollten, bevor etwas laut ausgesprochen wird. Es handelt sich dabei um drei Fragen:

  • Ist es wahr?
  • Ist es nützlich?
  • Ist es etwa Gutes?

Das Ziel

Bei Sokrates‘ Fragen geht es vor allem um eine Form der Gesprächshygiene. Nicht alles muss erzählt werden: Tratschen, üble Nachrede, sensible Themen sollten Menschen in der Kommunikation untereinander lieber unterlassen. Gleichermaßen geht es um Informationsfilterung. Gerade heutzutage werden ungefilterte Nachrichten über die sozialen Medien verbreitet, treffen wir dabei häufig auf Fake-News und der subjektiven, aber einflussreichen Meinung von Influencern.

Die herausfordernde Frage für viele Menschen, vor allem Jugendliche ist folglich: Was soll oder kann ich in einem Gespräch sagen? Wie führe ich unkompliziert Small-Talk, welche Themen kann ich ansprechen?

Sokrates

Sokrates lebte und wirkte als Philosoph 400 v. Chr. in Athen. Er entwickelte Methoden eines Dialogs, der nach bestimmten Kriterien strukturiert wurde, und bezeichnete diesen als Maieutik. Maieutik bedeutet auf Griechisch Hebammenkunst – gemeint ist dabei folglich die Geburt der Kommunikation und sie begleitende, wichtige Techniken.

Der große Wert des Dialogs, der Unterhaltung, der Debatte, des Gesprächs zeigte sich auch in Sokrates‘ Leben und Wirken – von ihm sind keine schriftlichen Werke erhalten. Seine Gedanken, und Denkkonstrukte wurden in schriftlicher Form erst durch seinen Schüler Platon postum für die Nachwelt festgehalten.

Der Dialog, namentlich die verbale Kommunikation zwischen zwei oder mehr Gesprächsteilnehmern, stellte für Sokrates den Kern von Erkenntnissen, Entscheidungen und Bewusstwerdung dar. Der Dialog war für ihn somit unabdingbar für das Erkenntnisstreben, die Festigung von Moralvorstellungen und als Handlungsrichtschnur – kurzum: Es war die Voraussetzung eines gelingenden Daseins.

Die drei Siebe des Sokrates sind folglich wichtig als Teil dieser Mechanismen zur Gesprächsführung.

Bedeutung und Wirkung der drei Siebe

Ist es wahr? Ist es nützlich? Und ist es etwas Gutes? Wahrheit, Notwendigkeit, Güte: Mit diesen drei Zielsetzungen soll ein Dialog von drei mächtigen Einflüssen befreit werden, zu denen Menschen aus unterschiedlichen Gründen im Gespräch tendieren, die der bewussten, erkenntnisreichen, moralischen Gesprächsführung nicht dienlich sind.

Aus dem Weg geräumt werden dabei gleich ein Handvoll schlechter menschlicher Eigenschaften: Geltungssucht, Tratsch, Lüge, üble Nachrede, Redesucht, Klagen und Jammern, Opferbewusstsein, Beschuldigungen, Angebereien.

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Die Geschichte von den drei Sieben

Diese mit den drei Sieben eng verbundene Geschichte wurde übermittelt und ihr Wahrheitsgehalt ist fraglich. Ganz unabhängig davon bebildert sie jedoch vorzüglich die Arbeit mit den drei Sieben.

Es kam einer zu Sokrates gelaufen und rief: „Höre Sokrates, das muss ich dir erzählen!“

„Halte ein!“, unterbrach ihn der Weise, „Hast du das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe gesiebt?“

„Drei Siebe?“, frage der andere erstaunt.

„Ja guter Freund! Lass sehen, ob das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe hindurchgeht: Das erste ist die Wahrheit. Hast du das, was du mir erzählen willst, daraufhin geprüft, ob es wahr ist?“

„Nein, ich hörte es erzählen…“

“ So, so! Aber sicher hast du es mit dem zweiten Sieb geprüft. Es ist das Sieb der Güte. Ist das, was du mir erzählen willst, gut?“

Zögernd sagte der andere: „Nein, ganz im Gegenteil…“

„Hm…“, unterbracht ihn Sokrates, „So lass uns auch das dritte Sieb noch anwenden. Ist es notwendig, dass du mir das erzählst?“

„Notwendig nun gerade nicht…“

„Also“ sagte lächelnd der Weise, „wenn es weder wahr noch gut ist und auch nicht notwendig, so lass es begraben sein und belaste weder dich noch mich damit.“

Der Wahrheitsgehalt von Informationen: Ist es wahr?

Nicht erst seit unserer medial dominierten Zeit werden Fake-News wirkmächtig verbreitet. Schon immer wurden Manipulation, Falschinformationen oder tendentiöse Berichterstattung zur Erreichung von politischen, sozialen oder privaten Zielen missbraucht. Daher ist Sokrates‘ Forderung derart zentral: Es fordert den Redner auf, keine Informationen ungefiltert wiederzugeben, erinnert ihn an seiner Pflicht, sie auf ihr Wahrheitsgehalt abzuklopfen. Da viele der uns erreichenden Informationen nicht absschließend geklärt werden können ist die Schlussfolgerung radikal und alternativlos zugleich: Lieber schweigen als Unwahrheiten weitergeben.

Bereinigt wird ein Dialog dabei nicht nur von Unwahrheiten oder Halbwahrheiten, sondern gleichermaßen von persönlichen Berichten und Tratsch, die einer objektiven Wahrheit nicht entsprechen können und somit dem Reinigungsprozess dieser ersten sokratischen Frage ebenfalls weichen müssen.

Leere Floskeln vermeiden: Ist es nützlich?

Mit der Frage nach dem Nutzen wird aus einem Gespräch jene Geltungssucht und Sensationslust, Negativität und Banalität verbannt, die manche Menschen beim Berichten von Gehörtem, von haarstreubenden Geschichten, negativen Ereignissen oder Katastrophen schöpfen. Mit jeder dramatischen Steigerung eines Berichtes nehmen sie eine augenscheinlich führende Position im Gespräch ein: „Was? Das hast du noch nicht gehört?“, „Weißt du schon, dass…“, „Neulich hat mir X ein Geheimnis berichtet“.

Gleichzeitig erweckt es in einem Gespräch die wertvolle Essenz, nur das zu berichten, was den anderen direkt anbelangt, was wichtig für ihn ist, wo aktiver Handlungsbedarf besteht.

Die moralische Pflicht: Ist es etwas Gutes?

Diese Frage ist wohl am schwersten zu beantworten und am missverständlichsten. Was nützt dem Gesprächspartner? Woraus kann er für sich wertvolle Schlüsse ziehen? Dies hängt natürlich auch vom Gesprächspartner ab. Treffen sich zwei Schwatzer, so könnte der eine sehr wohl zu dem Schluss kommen, dass sein Gegenüber Gefallen finden an den Berichten und damit etwas „Gutes“ daraus gewinnt.

Spricht man jedoch von Güte, dann ändert sich die Tonalität. Ist es gütig und gut, was ich berichte? Gehe ich nicht als richtende Instanz ans Werk, bleibe ich objektiv, richte ich meinen Blick auf postivie Aspekte eines Problems?

Die drei Siebe des Sokrates für die heutige Zeit

Übertragen auf die heutige Zeit sind die drei Siebe des Sokrates aus mehreren Blickwinkeln ein wertvolles Instrument zur wertschätzenden und unkomplizierten Gesprächsführung: Sie richten wieder einen Fokus auf Achtsamkeit in der Kommunikation miteinander, sie machen bewusst, dass Worte Konsequenzen haben und darüber hinaus bieten sie ein einfaches Tool, um sich das eigene Gesprächsverhalten bewusst zu machen und es zu optimieren.

Fokus auf achtsame Kommunikation

Häufig erzählen Menschen – gerade auch junge Menschen – um des Erzählens willen. Sie berichten mangelns eines Filtersystems von allem Möglichen aus ihrem Alltag und ihrem Umfeld. Nicht selten besteht der Gesprächsstoff aus Tratschen über andere, Nörgeln und Klagen, Petzen oder üble Nachrede. Um Small-Talk ohne Tratschen oder Konfliktpotenzial zu führen, um sich selbst vor Angriffen zu schützen und ein angenehmer Gesprächspartner zu sein, hilft es umgehend, wenn man Sokrates‘ Richtlinien zur Gesprächsführung befolgt.

Mithilfe der drei Siebe des Sokrates kann ein Mensch sich von empfindlichen Themen fernhalten, wie politisch brenzliche Bereiche oder verletzende Bemerkungen über Mitmenschen. Schon allein der Vorgang der Filterung beansprucht unsere Ratio dergestalt, dass nicht einfach „drauflos geplappert“ wird. Jede Aussage wird abgewogen, die Achtsamkeit steigt, der Fokus aufs Gegenüber, auf seine Befindlichkeiten und seinem Nutzen am Gesagten nimmt zu.

Die Konsequenz zwischenmenschlicher Kommunikation

Dass Worte eine Konsequenz haben, merken Menschen oftmals, wenn sie selbst in den Fokus eines Tratsches oder eines Mobbings geraten. Worte haben Folgen.

Ferner wirft die eigene Kommunikationsform seine Schatten voraus – auf das soziale Umfeld. Kommuniziert jemand wertschätzend, so zieht er in der Folge Menschen an, die selbst wertschätzend in den Dialog treten. Gleichermaßen verhält es sich mit negativem, spöttendem Tratschen, das tratschende Gesprächspartner anlockt. Folglich kann aus der Form des Dialogs ein wohlwollendes oder negatives Umfeld hervorgehen.

Tool zur Optimierung der Qualität in der Kommunikation

Ferner befreit der Redende seine Aussagen von allem Unnötigen, wendet er alle drei Siebe des Sokrates‘ an. Dies führt zum Fokus auf jene Gesprächsthemen, mit denen man sich auskennt, die einem liegen, die einen begeistern. Jene Themen, die sinnstiftend sind, weil sie auch dem Gesprächspartner Nutzen bringen und andere Menschen nicht in Mißkredit bringen.

Für Menschen, die sich im Dialog, im Small-Talk, in Kennenlerngesprächen unsicher fühlen, steht immer die Frage im Raum: Worüber kann und soll ich erzählen?

Die drei Fragen des Sokrates‘ geben diesbezüglich in drei einfachen Schritten eine simple Antwort und eine Anleitung in wertschätzende, angenehme, achtsame, positive Gesprächsführung. Gesprächsziele werden erkenntlich, Zweifel und Zögern werden beseitigt.

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Bildquellen

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Quellen

  • https://www.zeitblueten.com/news/die-drei-siebe-des-sokrates/
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Sokrates
  • https://robert-betz.com/mediathek/inspirationen/die-drei-siebe/
  • https://www.lichtkreis.at/gedankenwelten/weise-geschichten/die-drei-siebe/
  • https://www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=42652
  • https://dfme-achtsamkeit.com/drei-siebe-des-sokrates/

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