Zur Person Vera F. Birkenbihl
Vera F. Birkenbihl war Autorin, Coach und Rednerin. Sie zählte zu Lebzeiten zu den ganz Großen der Seminar- und Coaching-Szene. Ein langjähriger Wegbegleiter bezeichnet sie als die „Grand Dame der Methodiker-Riege„. Durch ihre sperrige, direkte Art, durch ihre fortschrittlichen Techniken und provozierenden Vorträge war sie gleichermaßen bewundert wie umstritten. Sie veröffentlichte Dutzende erfolgreiche Bücher mit höher Absatzmenge, konzipierte begehrte Management-Kurse, besprach Kassetten und hielt unzählige Vorträge. Auch heute noch, 2023, 12 Jahre nach ihren Tod 2011, ist sie mit ihren speziellen, einprägsamen und pointierten Memo-Techniken, Lernmethoden, Gehirntrainings und Manager-Seminaren eine beeindruckende Persönlichkeit. Sie war Leiterin vom Institut für gehirngerechtes Arbeiten in Deutschland.
Allgemein behandelte sie unzählige Themen der persönlichen Entwicklung in ihren Seminaren und Büchern. Bezüglich wirkungsvoller Lernmethoden ist sie eine Koryphäe. Zu ihren Themen gehörte auch die Bemühung um die Revolutionierung des Schulsystems, um einen neuen Blickwinkel auf das Lernen, häufig begleitet von einem ärgerlichen Wettern über die „Beratungsresistenz“ und Veränderungsangst der Lehrer.
Die Kerngedanken von Vera F. Birkenbihl
Bereits 1970 bot sie im sehr jungen Alter in den USA, wo sie früh hinzog und jahrelang lebte, Seminare zum Thema „Lernen lernen“ an. Vera Birkenbihls Methode fürs Sprachenlernen, die Birkenbihl Methode, machte Vera F. Birkenbihl schließlich Mitte der 80er Jahre berühmt. Später entwickelte sie Analograffiti-Techniken für Gehirntrainings. Die Besucher ihrer ausgebuchten und teuren Seminare waren meist Manager, Verkäufer oder Chefs. Dennoch entwickelte sie auch unzählige Gedanken und Impulse zum Lernen bei Kindern, zu Mnemotechniken und Lernmethoden.
Ihre Methoden begründen sich auf das gehirngerechte Lernen, das analytische und kreative Denken, auf der Persönlichkeitsentwicklung sowie auf esoterischen Elementen wie der Numerologie.
Angewandtes Wissen
Grundsätzlich bauten die Lernmethoden und Gehirntrainingsmethoden von Vera F. Birkenbihl auf die Anwendung von Wissen an. Das neuronale Netz unseres Gehirns, das sie auch zeichnerisch als Liniennetz in einem Fachartikel verbildlichte, besteht aus unzähligen „Wissensfäden“, die sich kreuzen oder miteinander verflechten. Je mehr Wissen angewandt, statt nur passiv memoriert wird, desto dicker, langanhaltender und schneller zugänglich werden diese „Wissensfäden“ und Verknüpfungen.
Für langfristige Lernerfolge also ist die häufige Anwendung des Gelernten unerlässlich.
Wissen wächst stätig und lebenslang
Intelligenz, Kreativität, Wissen, Bildungsstand sind kein unveränderlicher Zustand, sondern „sowohl Intelligenz als auch Kreativität [können] „wachsen“. Unter dieser Prämisse entwickelte sie Lernsysteme und Gedächtnistrainings, die lebenslang wirken und allgemein anwendbar waren. Vorerfahrungen waren für den Erfolg der Methode nicht ausschlaggebend, vorausgesetzt die Methode würde langfristig befolgt.
Damit erwirkte sie eine Demokratisierung des Wissens. Unter Kenntnis und Anwendung bestimmter Methoden ist es jedem und zu jeder Zeit möglich, sein Wissen zu vergrößern und langfristig anzuwenden.
Schule ohne Noten
Vera F. Birkenbihl plädierte vorbehaltlos für eine Schule ohne Noten. Sie hielt eine demokratische Schule ohne Benotung für lernförderlich und positionierte sich damit gegen die bis heute gemeinhin übliche Schulpraxis.
Viel wichtiger als die automatische Abrufbarkeit des Wissens für die Erlangung einer Note sei es, stabile neuronale Wissensverknüpfungen von langer Dauer zu schaffen. Die Noten in der Schule hingegen beziffern eine punktuelle Lernleistung, die bereits an den Folgetagen vergessen und häufig nie mehr aufgefrischt wird.
Letztlich widerspricht eine Benotung zu Schulzeiten Birkenbihls unerschütterlicher Überzeugung, dass Intelligenz, Kreativität und Wissen wachsen – und zwar nicht auf Abruf nach Prüfungszeit und -tag, sondern im kontinuierlichen Aufbau aufeinander, in der frühen Spezialisierung auf Talente und durch lebenslanges Lernen.
Wissen nach Talenten und Neigungen
Zwar glaubte Birkenbihl an die Fähigkeit, mit den richtigen Methoden „alles“ lernen, memorieren und anwenden zu können. Dennoch fängt erweitertes Lernen häufig mit einer Inventur an und mit der Selbsterkenntnis über den eigenen Wissensstand: Was weiß ich schon, wo lagen und liegen meine Stärken, welche Bereiche wurden bereits mit langanhaltendem Wissen gefestigt, was liegt mir?
Hierfür nutzte sie die ABC-Methode: Eine Tabelle mit allen Buchstaben des Alphabets sollte ausgefüllt werden mit Assoziationen zu einem Wahlthema, das einem liegt bzw. zu dem die eigene Vorbildung möglichst groß ist. Der Reihe nach sollten nun Wörter mit den Anfangsbuchstaben von „A“ bis „Z“ gefunden und notiert werden. Felder durften leer bleiben, wenn nicht sogleich Einfälle folgen.
Beim Oberthema Tiere könnte bei „A“ „Ameise“ stehen, bei „B“ „Bär“ usw. Von hieraus sah sie es als weiteren Schritt an, in Themen vorzustoßen, die man „erobern“ möchte. Die ABC-Methode solle dabei so häufig wiederholt werden, bis die Begrifflichkeiten zum Thema sich häuften, sich setzten und zum aktiven, sofort abrufbaren Wissen wurden.
Glückspädagogik, Zaubermathe, fraktales Lernen
Alternative Lernmethoden
Sarkasmus, Überspitzung und Witz
Dieser letzter Punkt mag eine Randnotiz sein – ist dennoch bezeichnend für Vera F. Birkenbihls Methodik. Sie suchte „die Rosinen“, das Prägnante, das Markante aus den Methoden heraus, mit deren Hilfe unser Gehirn lernt. Dabei gehören zur Gehirnleistungsübung, zur Merkübung sowie als Rhetorikübung auch das Memorieren und Wiedergeben von Witzen. Vera Birkenbihl war eine Sammlerin guter Witze, und sie gab sie gerne in ihren Seminaren und Lehrgängen zum Besten. Es gibt eine Sammlung von über 400 Witzen.
Eine kleine Kostprobe?
- Fragt ein Spaziergänger einen Angler: Na, beissen die Fische? – Nein, Sie können sie ruhig streicheln.“
- Lehrer: „Aus welchem Land kommst du?“ Schüler: „Tschechoslowakei.“ – Lehrer: „Buchstabiere das mal für uns.“ – Schüler: „Ich glaube, eigentlich bin ich in Ungarn geboren.“
Die Lernmethoden Birkenbihls
Die Birkenbihl Methode zum Sprachenlernen
Diese Methode, die Vera F. Birkenbihl entwickelte, beruhte im Kern darauf, die gewünschte Sprache überall und immerzu im Alltag anzuwenden. Dafür konnten alle Mittel, die einem zur Verfügung standen, herangezogen werden:
- mit Muttersprachlern sprechen
- Lieder hören und mitsingen
- Hör-CDs in der Fremdsprache hören
- Fernsehsendungen in der gewünschten Sprache anschauen sowie
- Bücher in der Originalsprache lesen.
Sie plädierte dabei für ein „Baden“ und „Berauschen“ in der jeweiligen Sprache. Zu diesem Zweck ermutigte sie, akustische Sprachaufnahmen wie fremdsprachige Hör-CDs, Radio- oder Fernsehsendungen nebenher und immerzu über den Tag hinweg laufen zu lassen, ungeachtet der eigentlichen Haupttätigkeit. Diese passiven Spracheindrücke sah sie als ausschlaggebend an für eine Festigung der Fremdsprache.
Dazu betonte sie, dass eine häufige Anwendung der Sprache für den Alltag, in Schrift und Sprache, unerlässlich sei.
Das bis heute übliche Auswändiglernen von Vokabeln, das „Pauken“ von Verben und von Redewendungen steht konträr zur Birkenbihl-Methode.
Gehirntraining mit der Theorie vom Wissensnetz
In ihren Aufzeichnungen und Vorträgen zum Gehirntraining legte Birkenbihl großen Wert auf einen Innenblick auf unser bereits bestehendes Wissensnetz. Das Wissensnetz verbildlicht die neuronalen Verbindungen, die sich im Gehirn mit unterschiedlicher Stärke aufgrund unserer Lernerfahrung, unseres derzeitigen Wissens und unserer Anwendung ausgebildet haben. Je mehr Wissen und praktische Anwendung Dinge/Probleme/Wissensfelder erfahren haben, desto stärker und langanhaltender sind sie im Gehirn ausgeprägt.
Wie unser Wissensnetz derzeit ausgebaut ist, wo die Stärken und Schwächen liegen, darauf gibt die Anzahl der Assoziationen, die uns zu irgendetwas einfallen, einen Hinweis. Je mehr Assoziationen uns zu einer Frage/Problem/Denkaufgabe einfallen, desto besser ist das Netz aufgebaut, desto mehr wissen wir folglich über dieses Thema Bescheid. Hier also liegt eine unserer Stärken.
Warum ist die Anzahl der Assoziationen und ihre Aktivierung wichtig? Einerseits für die Umwandlung von passivem in aktivem Wissen. Durch Assoziieren „rutschen“ passive Begriffe und passives Wissen (Wörter, die wir zwar kennen, aber nicht anwenden würden) ins aktive Gedächtnis, werden also nachfolgend auch aktiv verwendet. Das aktive Wissen steigt mit jeder „Erinnerung“ an bisher passiv erfasste Begriffe.
Assoziationen bestimmen des Weiteren die Menge unserer Reaktionen, Ideen oder Impulse. Diese Menge wiederum entscheidet darüber, ob unsere Umwelt uns als „intelligent“ oder „kreativ“ wahrnimmt.
Die Analograffiti-Technik
Diese Technik von Birkenbihl ist eine Brainstorming-Methode, mit dem Ziel, beide Gehirnhälften für ein Thema zu vernetzen. Es wird nur ein Stift und Papier benötigt, die Arbeitszeit beträgt in der Regel 90 Sekunden.
Zu der Analograffiti-Technik gehören die KaGas-Methode, bei der Assoziationen gezeichnet werden, und die KaWas-Methode, bei der Wort-Assoziationen zu jedem Buchstaben eines Begriffes notiert werden.
Die ABC-Technik
Weiter oben kam die ABC-Technik für eine Wissens-Inventur zu Anwendung. Sie ist jedoch für weit mehr nützlich. Sie kann den Wissensstand zu einem bestimmten Thema aufzeigen. Des Weiteren kann sie Themenwissen erweitern, indem zwischen jeder ABC-Übung Begrifflichkeiten angeschaut werden oder Lesezeit zum Thema eingeführt wird. Vera F. Birkenbihl nennt diesen Effekt den „Stadt-Land-Fluss-Effekt“. Denn ähnlich wie bei diesem Spiel werden mit der Zeit Themen zunehmend tiefgründiger und komplexer wahrgenommen, das Vokabular nimmt drastisch zu und ein Potpourri an Begriffen wartet auf, sobald das Thema besprochen, behandelt oder referiert werden soll.
Weiterhin entwickelte Vera F. Birkenbihl viele andere unterschiedliche Techniken. Sie stellte komplizierte Theorien in pointierter Form dar, komprimierte bibliotheksumfassendes Wissen und schmückte es mit Witz und gelegentlich auch Provokation: Neben der ABC-Methode, der KAGA- und KAWA-Methode und dem Wissensnetz tragen ihre Methoden Namen wie die Kügeli, den Lernberg, das Inselmodell, den Mückenschwarm.
Durch ihre Denk-Techniken zeigte sie auf, wie man die Ausbeute der vorhandenen Wissens-Fäden erheblich erhöhen kann, sein Fachwissen methodisch vermehrt und eine sprudelnde Quelle der Informationen wird.
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Wann und warum?
Bildquellen
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Quellen
- https://de.wikipedia.org/wiki/Vera_F._Birkenbihl
- https://vera-birkenbihl.de/
- Birkenbihl, V. F.: Das große Analograffiti-Buch. Paderborn: Junfermann 2002.
- https://akademie-fuer-lernmethoden.de/lernmethoden/birkenbihls-lieblinge/
- https://www.mosalingua.com/de/birkenbihl-methode/
- https://www.magazintraining.com/was-wurde-aus-vera-f-birkenbihl/
- https://www.birkenbihl.com/
- https://www.gabal.de/vera-f-birkenbihl-eine-aussergewoehnliche-frau-und-ein-sehr-persoenlicher-nachruf/
- https://www.jicki.de/sprachen-lernen-birkenbihl-methode/ueber-vera-f-birkenbihl/
- https://www.lern-kompass.de/anders-lernen-schreiben-wortbilder/
- https://www.birkenbihl-uni.ch/birkenbihl-witze/birkenbihl-witze.html
- https://www.nachbirkenbihl.de/rekonstruktion/witze-de-en/witze/
- https://www.managerseminare.de/ms_Artikel/Interview-mit-Vera-F-Birkenbihl-Ich-stehe-dazu-dass-ich-Asperger-habe,168282
- file:///C:/Users/user/Desktop/Downloads/gug_2002_1_S92.pdf
- https://stockpress.de/2021/11/30/ein-denkwuerdiger-besuch-bei-der-autorin-vera-f-birkenbihl
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