Definition des sokratischen Dialogs
Der sokratische Dialog wird auch als sokratische Methode oder sokratisches Gespräch bezeichnet. Der sokratische Dialog ist eine Konversations-Methode, die dialogisch, meist als Zwiegespräch zwischen zwei Menschen, stattfindet. Diese Dialogform stammt ursprünglich aus der Philosophie des Platon von vor 2400 Jahren und wurde zunehmend in der didaktischen Methodik und Praxis, aber auch in kognitiven Verhaltenstherapie und neuerdings für Beratung und Coaching übernommen.
Charakteristiken
Der sokratische Dialog bezeichnet eine Gesprächsführung in Dialogform. Durch gezielte Fragen kommt es zum Erkenntnisgewinn.
Diese Form des Diskurses wurde durch den griechischen Philosoph Platon geprägt. Er verfasste fiktive Gespräche mit seinem Lehrer Sokrates und festigte damit diese erkenntnisgenerierende Frage-Antwort-Methode.
Im sokratischen Dialog wird in der Frage-Antwort-Dynamik ein Thema erkundet, Probleme und Denkfehler offenlegt und Wissen und Erkenntnisgewinn generiert.
Zielsetzungen des sokratischen Dialogs
Der sokratische Dialog ist besonders geeignet für:
- das Finden einer Definition
- das Überprüfen von Annahmen und Konzepten
- das Aufspüren von Unstimmigkeiten oder Denkfehlern
- das Erarbeiten von Zielsetzungen
- das Korrigieren eines kritischen Selbstbildes
- das Ermöglichen von eigenständigen Schlussfolgerungen und
- das selbständige Sammeln von Erkenntnissen
Der didaktische Aspekt im sokratischen Dialog
In Platons fiktivem Dialog legt er Sokrates das Prinzip der „Hebammenkunst“ in den Mund. Damit legt er den Grundstein für die pädagogische Verwendbarkeit des sokratischen Dialogs auch in heutigen Zeiten und außerhalb der philosophischen Lehre.
Mit der „Hebammenkunst“, die Zielsetzung des sokratischen Dialogs ist, ist der Anspruch verbunden, durch gesprächssteuernde Fragen den Fragenden zu ermächtigen, selbst zum erwünschten Wissen oder der Korrektur falscher Annahmen zu gelangen.
Es geht also gewissermaßen um die Ermächtigung, Problemfelder selbstbestimmt und ohne Anweisung oder Belehrung zu erschließen und zu lösen.
Anwendungsweisen in der Didaktik
Die Anwendung des sokratischen Dialogs innerhalb der Didaktik lehnt sich stark an die altphilosophischen Grundzüge dieses Diskurses, die auf dialogische Weise Wissen oder Selbsterkenntnis zutage fördern.
Innerhalb des Lehrplans
Im Unterricht geht es natürlich vorwiegend um den Vermittlungsweg von Unterrichtsstoff. Die daraus abgeleitete Wissensvermittlung schließt Frontalunterricht und Lehrervortrag aus. Sie basiert vorwiegend auf dem Konzept einer fragend-entwickelnden Unterrichtsform. Dabei erschließen sich Lehrer und Schüler gemeinsam die Wissensinhalte.
Außerhalb des Lehrplans
Aber auch in schwierigen Gesprächssituationen zwischen Lehrer und Schüler kann der sokratische Dialog im hohen Maße behilflich sein. Eine große Hilfe kann das sokratische Gespräch beispielsweise bezüglich des Zeugnisses, des Selbstwertes, der Lernziele für das Schuljahr oder als Motivationsgespräch sein. Auch bei Prüfungsangst, Versagensangst oder Leistungsdruck kann diese dialogische Form große Hilfestellung leisten.
Das sokratische Gespräch erreicht auch bei kritischen Kommunikationsinhalten eine hohe Akzeptanz, da alle Erkenntnisse ganz ohne Belehrung, dafür aber selbstbestimmt und eigenständig erreicht werden.
Ablauf des sokratischen Dialogs
In einem gelenkten Gespräch erarbeiten Lehrkraft und Schüler sich das Wissen gemeinsam.
Charakteristiken des dialogischen Gesprächs
Die Gesprächsführung des sokratischen Dialogs im Unterricht beruht stark auf gelenkte Gespräche. Die Fragen des Lehrenden sind dabei lenkend, aber nicht wertend. Sie weisen auf verstecktes Wissen hin, aber sie geben keine Antworten vor. Sie leiten durch die dialogische Gesprächssituation, jedoch setzen sie keiner der Repliken voraus. Sie haben ein Ziel, ohne es auszusprechen oder es vorzugeben. Der Lehrende ist der Fragende, aber immer auf Augenhöhe.
Die Fragetechnik wird innerhalb der Verhaltenstherapie als naiv-zugewandt bezeichnet, weil sie wertfrei und ergebnisoffen sein sollte, gleichzeitig aber lenkenden Anteil hat.
Hierbei wird mit zwei Hauptinstrumenten gearbeitet, die schon in Platons Sokratesdialogen zentral waren:
- die Entscheidungsfrage, eine Ja-Nein-Frage und
- die Ergänzungsfrage, wobei inhaltliches vom Fragenden erbeten wird
Kern der Dynamik ist es, dass jede Frage vom Fragenden offene Zustimmung oder Ablehnung fördert oder gar provoziert. Dies fördert und beschleunigt den Erkenntnisgewinn.
Voraussetzung für ein gelungenes sokratisches Gespräch
Obwohl die Frage-Antwort-Dynamik auf den ersten Blick einfach erscheint, müssen gewisse Vorgaben bestehen, damit der sokratische Dialog seine Dynamik entfalten kann.
Dafür ist vonnöten, dass:
- sich die Gesprächspartner aktiv beteiligen
- sich die Gesprächspartner respektvoll ausdrücken
- die Beteiligten kurze, prägnante Antworten geben
- ihre eigene Meinung kundtun
- ihre Meinung ändern, falls sie überzeugt wurden
- keine „falschen“ Kompromisse machen
- offen sind für die Einwände des Gesprächspartners
- Rechthaberei vermeiden
Beispiel für ein sokratischen Dialog
Ausgang für ein solches Gespräch können Glaubenssätze der Schüler oder aber auch vermeintliche Gemeinplätze sein.
Sätze wie:
- Ich bin schlecht in Mathe oder
- Ich wäre glücklicher, wenn ich ganz viele Freunde hätte
können genauso den Auftakt geben wie:
- Stars haben viel Geld und sind immer glücklich
- handwerkliche Berufe sind schlecht bezahlt
Geeignete Gegenfragen wären beispielsweise:
- Gab es in Mathe noch nie ein Thema, was Du gut und schnell verstanden hast?
- Wie viele Freunde genau bräuchtest Du zum glücklich sein?
- Sind Stars nie von Liebeskummer oder Todesfällen ausgeschlossen?
- Wie wichtig ist der Arbeitslohn und gibt es einige auch gut bezahlte Lehrberufe?
Bilderquellen
- Pixabay @ Robin Higgins
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Quellen
- https://de.wikipedia.org/wiki/Sokratische_Methode
- https://de.wikipedia.org/wiki/Fragend-entwickelnder_Unterricht
- https://lexikon.stangl.eu/1258/sokratischer-dialog
- https://www.die-inkognito-philosophin.de/blog/sokratischer-dialog
- https://heilpraktikererfolg.de/der-sokratische-dialog-am-beispiel-ich-schaffe-die-heilpraktikerpruefung-psychotherapie-nicht/#:~:text=P%3A%20Ich%20habe%20so%20viel,ich%20an%20etwas%20anderes%20denken
- Stavemann, H.: Sokratische Gesprächsführung in Therapie und Beratung. Beltz, 2007.
- Wilken, B.: Methoden der Kognitiven Umstrukturierung. Kohlhammer, 2010.
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