Allgemeines über Rituale
Ein Ritual – was ist das?
Rituale bestehen aus Handlungsabläufen, die nach festen, vorgegebenen Regeln ablaufen und von bestimmten Wortformel und Gesten begleitet werden. Sie haben große Symbolkraft.
Es gibt drei vorherrschende Formen von Ritualen: Einerseits historisch geprägte, gesellschaftlich anerkannte, formelle, häufig feierliche Handlungen weltlicher oder religiöser Natur. Die bekanntesten Rituale dieser Form sind Hochzeit, Taufe, Gottesdienst, Begräbnis.
Die zweite Art von Ritualen findet im Privatleben statt. Dabei sind diese Rituale häufig von Mensch zu Mensch und von Familie zu Familie verschieden, also individuell geprägt. Die Form dieser Rituale ist ungezwungen und unterliegt keinen allgemeingültigen formalen Regeln. Dennoch liegt es in der Natur aller Rituale, dass sie sowohl wiederholend als auch an feste Tageszeiten oder Orte gebunden sind, so auch die privaten Rituale. Zu diesen gehören beispielsweise das Zähneputzen, das Tischgebet oder Dankesspruch sowie die Gute-Nacht-Geschichte.
Eine dritte Gruppe von Ritualen könnte man als pädagogische Rituale zusammenfassen. Sie entstehen innerhalb von Institutionen oder zeitweise zusammenkommenden Gemeinschaften und haben langfristig Bestand. Diese Rituale sind formell festgelegt und entsprechen vorherrschenden pädagogischen Konzepten. Pädagogische Rituale gibt es etwa in Kita und Schule.
Wo finden Rituale statt?
Je nachdem, ob ein Ritual weltlicher oder religiöser Natur ist, ist es an bestimmte Örtlichkeiten oder Räume gebunden oder kann auch unabhängig vom Ort stattfinden. So werden Hochzeiten, Gottesdienste oder Begräbnisse in der Regel in kirchlichen Räumen begangen, wohingegen weltliche Rituale auch häufig im familiären Rahmen stattfinden. Viele private Rituale finden an festen Orten innerhalb der eigenen Wohnung statt.
Wann welche Rituale?
Für viele kirchliche Rituale gibt es weltliche, nicht-konfessionelle Pendants. So steht der katholischen Firmung und der evangelischen Konfirmation die Jugendweihe gegenüber, sodass bereits die Glaubensrichtung bestimmte Rituale bestimmt.
Ein Teil der Riuale wird vom Lebensalter vorgegeben: die Taufe kurz nach der Geburt, die Firmung, Konfirmation oder Jugendweihe im 14. Lebensjahr. Ein weiterer Teil wird bestimmt durch die Lebensphase bzw. bestimmte Lebensereignisse: die Hochzeit oder das Begräbnis.
Worauf beruht die symbolische Kraft?
Rituale begründen sich auf drei zentrale Aspekte, die einzeln oder gebündelt die symbolische Kraft der Rituale entfaltet:
- Sie sind althergebracht, wurden überliefert, gründen auf alten Schriften oder Traditionen.
- Ihre Symbolik ist in der Gesellschaft allgemein bekannt, wird akzeptiert und ist in einem bestimmten kulturellen/religiösen Kreis voll anerkannt.
- Sie nutzen „Stellvertreter“ für Ihre Symbolik: bestimmte Orte, Kleidung oder Handlungen.
Diese drei Mechanismen bewirken, dass an sich profane Handlungen ihre Alltagsbedeutung sprengen und zu Symbolen für eine transzendierende oder Metaebene werden.
Welche Wirkung haben Rituale?
Große kirchliche oder weltliche, festliche und öffentlich oder in Gemeinschaft stattfindende Rituale haben vor allem Initiationscharakter. Sie markieren also den Übergang eines Menschen in eine andere neue Lebensphase. Nichts anderes als eine Initiation ist eine Hochzeit, eine Taufe oder eine Beerdigungsfeier.
Gerade bei schmerzhaften Ritualen wie etwa bei einer Beerdigung entfaltet das Ritual seine zweite zentrale Wirkung: Durch Repetition und Routine vereinfacht es die Bewältigung krisenhafter oder komplexer Situationen, ist also ein Mittel der Lebensbewältigung.
Die dritte Wirkung von Ritualen besteht darin, die Teilnehmenden in einem sozialen Kontext einzubetten. Durch die Symbolträger Kleidung, Gesten und Handlungen spricht sich die Gruppe für gesellschaftliche oder religiöse Konventionen aus. Sie fügen damit mehrere Individuen in einer Handlung ein und geben ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit und der Gemeinschaft.
Private Rituale hingegen finden eher im kleinen oder familiären Kreis statt. Ihr Hauptanliegen ist es, Orientierung, Begrenzung, Rahmen und Raum zu bieten für bestimmte Tageszeiten oder sich wiederholenden Handlungen. Sie schaffen Sicherheit und Schutz, Vertrautheit und Routine.
Grundsätzlich hat ein Teil der Rituale instrumentell-pragmatische Funktionen, ist demnach zweckgerichtet.
Rituale für Kinder
Bei Ritualen für Kinder handelt es sich zum großen Teil um Rituale im privaten Rahmen, um Alltagsrituale. Eine Gemeinsamkeit verbindet große kirchliche oder weltliche Rituale mit den privaten Ritualen: Sie folgen einer sich wiederholenden Handlung, sind also repetitiv, und sind häufig an einem festen Ort ode einer festen Tageszeit gebunden. Zu diesen Ritualen im privaten Rahmen gehören familiäre Rituale wie die Gute-Nacht-Geschichte oder die Geburtstagsfeiern, der Kuchen zum Wochenende oder das allabendliche „Sandmännchen“.
Ein Teil der Rituale für Kinder findet hingegen im pädagogischen Rahmen von Kita und Schule statt und sind häufig Teil eines „sozialen Repertoirs“ einer Institution.
Rituale im Alltag und in der Familie
Rituale für Kinder im privaten Raum entfalten unzählige positive Wirkungen. Sinnvoll sind Rituale für Kinder, denn:
- Sie vermitteln Orientierung und geben Halt.
- Sie stabilisieren emotional im Trotzalter und Situationen der Überreizung.
- Durch die Wiederholung der Handlungen oder Wörter sind sie vertraut.
- Sie geben einen Rahmen vor.
- Sie signalisieren den Anfang oder das Ende einer Tätigkeit oder einer Tagesphase.
Beispiele für Rituale für Kinder
Die meisten Alltagsrituale nehmen wir meist gar nicht als solche wahr:
- die Gute-Nacht-Geschichte
- der alltägliche Nachmittagsschlaf mit Hör-CD
- der samstägliche Besuch bei der Oma
- die Fingerspiele während der Autofahrt usw.
- die Schatzsuche beim Geburtstagsfest
Die meisten etablierten Routinen in einem Kinderleben sind Rituale – repetitive Handlungen, die den Tag, die Woche, den Monat und das Jahr gliedern oder Handlungen kommunizieren.
Sie erleichtern durch den vertrauten Hergang einen Übergang in einer anderen Tätigkeit, wie die Gute-Nacht-Geschichte ein Schwellenritual darstellt zwischen Tag und Nacht. Des Weiteren machen sie unbeliebte Dinge erträglich, so lenken beispielsweise die Fingerspiele während einer langen Autofahrt ab. Sie geben Orientierung innerhalb der abstrakten Tag- und Wochenzeit, wie etwa der allwöchentliche Besuch bei der Oma die Woche abschließt.
Pädagogische Rituale
Pädagogische Rituale fungieren
- als Sinnbild für den Zusammenhalt einer Gruppe,
- sie bieten Orientierung an,
- stukturieren den Tag und
- liefern konkrete Handlungsanweisungen,
- desweiteren fördern sie ein Gruppengefühl und stiften Identität,
- dabei erleichtern sie den Umgang auch mit unfreiwilligen, aber nötigen Aufgaben.
In Einrichtungen für Kinder schaffen Rituale also ein Sicherheitsgefühl und sind Ordnungs- und Strukturierungshilfen. Sie geben kalkulierbare Verhaltenserwartungen für Lehrer und Schüler vor, mit dem Ziel, die Interessen der Gruppe zu wahren und individuelle Wünsche, Verhaltensweisen oder Bedürfnisse zu vertagen. Es kann also als Mittel für einen funktionierenden sozialen Rahmen angesehen werden.
Portfolios in der Kita
Impulse, Ideen und Nutzen
Beispiele für pädagogische Rituale
In Kita und Schule überwiegen gruppenbildende, die Zeit strukturierende und Sicherheit gebende Rituale. Bündelt man die Rituale in der Schule nach ihrem Zweck, so ergeben sich:
- Begrüßungs- und Abschiedsrituale,
- ritualisierte Sozialformen, wie der Morgenkreis,
- Kontakt- und Auflockerungsformen wie das gemeinsame Singen von Liedern,
- rituelle Pausen wie das gemeinsame Essen,
- rituelle Ruhezeichen, etwa ein Gong oder eine Klangschale als Einstieg und Signal für die Stunde,
- Festrituale, wie bestimmte Abläufe für wiederkehrende Feste, beispielsweise Geburtstags- oder Weihnachtsfeste.
Hierbei ist es wichtig, die pädagogischen Rituale über eine längere Zeit aufrechtzuerhalten, den Ablauf wiederholt zu besprechen oder einzuüben und die Kinder mit einzubeziehen. Das gewährleistet, dass jedes Kind damit vertraut ist und das Wir-Gefühl der Gruppe gestärkt wird.
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Quellen
- https://de.wikipedia.org/wiki/Ritual
- https://de.wikipedia.org/wiki/Initiation
- https://www.herder.de/kindergarten-paedagogik/kindergartenalltag/rituale/
- https://www.kita-fachtexte.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/FT_kleemissII_rhythmus_2011.pdf
- https://www.beratungimref.de/post/rituale-grundschule
- https://digitale-elternbildung.de/l-9-zubehoer/
- https://www.elternwissen.com/erziehung-entwicklung/7-rituale-fuer-ein-entspanntes-familienleben-mit-ihrem-kind/
- https://www.kita.de/wissen/rituale-fuer-kinder/
- https://www.hallo-eltern.de/kind/einfache-familienrituale/
- https://www.leben-und-erziehen.de/kind/erziehung-entwicklung/rituale-fuer-kinder-14386.html
- https://www.familienleben.ch/kind/erziehung/kinder-brauchen-rituale-49
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